Jornal Evangélico Luterano

Ano 2010 | número 735

Quinta-feira, 21 de Novembro de 2024

Porto Alegre / RS - 09:18

Deutsche Seite - P. Lindolfo Weingärtner

Wenn Er nicht geboren wär...

   Man wagt fast nicht, den Gedanken zu Ende zu denken. Wenn Jesus nicht geboren wäre... Wenn er nicht geboren wäre, dann wäre er ja auch nicht gestorben und wieder auferstanden.. “Und wenn er nicht erstanden wär, dann wär die Welt vergangen”, heißt es in einem alten Osterlied.
   Und du und ich – was wäre mit uns? Hören wir, was der Liederdichter Friedrich von Hardenberg (Novalis) dazu zu sagen hat: “Was wär ich ohne dich gewesen, was würd ich ohne dich, Herr, sein? Zu Furcht und Ängsten auserlesen, stünd ich in weiter Welt allein. Nichts wüsst ich sicher, was ich liebte, die Zukunft wär ein dunkler Schlund. Und wenn mein Herz sich tief betrübte, wem tät ich meine Sorgen kund”?
   Ja, die Welt ist mit der Geburt Jesu Christi eine andere geworden. Selbst die, die nur noch zu Weihnachten in die Kirche gehen und die das Geburtsfest Jesu nur noch als Geschenkfest in weltlicher Weise feiern, bezeugen noch mit einem Fünkchen Ahnung das Licht, das mit Jesus in die Welt gekommen ist.
   Doch Jesus ist ja nicht in die Welt gekommen, um uns das Weihnachtsfest zu bringen.. Das Fünkchen Ahnung, von dem wir eben sprachen, droht ganz und gar auszulöschen in dem großen Jahrmarkt von Geschenken und Festessen, von Glanz und Glimmer unserer elektrisch und elektronisch glitzernden Erde. “Welt ging verloren, Christ ist geboren!”: Wer hört das noch aus all dem Weihnachtstrubel heraus? “Das Weihnachtsfest ist zu einem ökonomischen Faktor ersten Ranges geworden”, kann man manchmal hören. Das ist doch beeindruckend, nicht wahr? Ja, Geschäftemacher können einen schon beeindrucken. Doch was hat das mit Jesus Christus zu tun?
  Aber wir wollen hier kein Klagelied über die Welt anstimmen. Wenn Jesus noch immer der Retter aus Schuld und Verdammnis ist, dann wollen wir uns doch nicht mit dem Weihnachtsfest begnügen. Wir wollen uns an die Tatsache halten! Wir wollen es mit den Hirten halten, die, nachdem sie die Weihnachtsbotschaft aus Engelsmund gehört hatten, untereinander sprachen: “Kommt, lasset uns nun gehen nach Betlehem und die Geschichte sehen, die da geschehen ist und die uns der Herr kundgetan hat.” Auf diese Geschichte, die da geschehen ist, kommt es an.
   Auf die Geschichte Jesu, des Kindes, des Mannes, des Gekreuzigten, des Auferstandenen. Es kommt darauf an, ob diese Geschichte unsere Geschichte wird. Ob wir uns mit diesem Kindlein, diesem Mann, diesem Gottessohn Jesus Christus identifizieren können, sodass wir nicht nur als Christen seinen Namen tragen, sondern dass wir “in Christus” leben, dass wir das Recht haben, seine Identitätskarte zu benutzen, um uns vor Gott und auch vor der Welt zu identifizieren.
   Ein Vorschlag für nachdenkliche Leser: Wenn du am Weihnachtsabend den glitzernden Lichterbaum und die Weihnachtskrippe in der Kirche betrachtest, stelle dir die Szene vor, wie der verlorene Sohn zum Vater zurückkehrt und wie der Vater ihn in die Arme schließt. Dieser aus seinem Haus dem Sohn entgegengehende Vater: das ist Christus. “Gott von Gott, Licht von Licht”. Und der wiederkehrende Sohn: Das bist du.
 

Pfarrer Lindolfo Weingärtner

 

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