Ein Mann, seine Frau und ihre zwei Söhne wandern aus. In ihrem Heimatland herrscht hohe Inflation und sie versuchen in einem anderen Land ein besseres Leben zu führen. Es geht gut. Am Anfang. Dann wird der Mann krank und stirbt. Die Söhne werden erwachsen und heiraten mit Frauen aus dem neuen Land. Eine Weile geht es noch gut, doch dann erkranken auch die Söhne und sterben. Sie wohnten und arbeiteten zehn Jahre in den Feldern Moabs und jetzt bleibt Noomi mit ihren Schwiegertöchtern allein zurück.
Was tun? Noomi beschliesst zurückzukehren, nach Bethlehem, in das „Haus des Brotes“, denn die Nachrichten von dort sind sehr gut. Wohlstand ist wieder eingekehrt und das Leben ist wieder lebenswert geworden.
Die Schwiegertöchter stimmen ein in ihre Entscheidung und machen sich mit Noomi auf den Weg nach Bethlehem. Aber unterwegs kommen Noomi Bedenken. Sie sieht die jungen Frauen an und denkt an deren Zukunft. Sie könnten zurückkehren in das Haus ihrer Mütter, noch einmal heiraten und somit ihre Zukunft sichern. Was könnte sie ihnen bieten? Armut, keine Familie, keine Kinder, Unsicherheit...
All das diskutiert Noomi mit ihren Schwiegertöchtern. Bedankt sich für die erwiesene Solidarität und segnet beide. Aber diese wollen nicht weichen. Noomi führt ein letztes Argument auf, ihre Unmöglichkeit noch einmal einen Sohn zu gebären und somit eine neue Heiratsmöglichkeit für die jungen Witwen schaffen. Sie weist auf diese Unmöglichkeit hin und bittet die Frauen umzukehren.
Die Verzweiflung der drei Frauen ist spürbar. Auf der einen Seite Noomi , realistisch die Fakten darstellend und auf der anderen Seite Rut und Orpa nicht wissend wie sie entscheiden sollen.
Orpa hört letztendlich auf Noomi, verabschiedet sich unter Tränen, kehrt um und geht zurück in das Haus ihrer Mutter.
Und Rut? Rut geht nicht mit Orpa zurück. Sie hat ihre Entscheidung getroffen und teilt sie Noomi mit:
„ Wo auch immer du hingehst, da gehe ich hin, und wo auch immer du übernachtest, da übernachte auch ich, dein Volk ist mein Volk , dein Gott ist mein Gott, wo du stirbst, da sterbe ich, dort will ich begraben werden. Gott tue mir alles Mögliche an , aber nur der Tod wird dich und mich trennen.“
Mit diesen Worten verknüpft Rut ihr Leben, ihre Zukunft, ihren Gott, ja selbst ihren Tod mit Noomi. Mit dieser Entscheidung bringt Rut Hoffnung in das Leben von Noomi. Rut stellt sich auf die Seite einer Frau, eines Menschen, der nichts mehr zu bieten hat, der am Ende ist. In ihren Worten zeigt sie bedinungslose Solidarität. Sie will nichts zurück, sie verhandelt nicht, sie erwartet nichts. Vielleicht ist sie deshalb in die Ahnenreihe Jesu aufgenommen worden, weil sie den Schritt in die bedinungslose Solidarität mit den Armen, die nichts mehr bieten können ausser ihr nacktes Leben, macht.
Können wir hier das Antlitz Gottes sehen, der schon im ersten Testament zu erkennen gibt, dass die Armen, die Verstossenen, die Ausgeschlossenen seine Auserwählten sind? Eine Ausländerin hält uns und den Bewohnern von Bethlehem den Spiegel vor das Gesicht. Vielleicht erinnert sich Jesus an Rut, als er sagt, dass was ihr einen meiner geringsten Brüder und einer meiner geringsten Schwestern tut, das tut ihr mir.