Katharinas Erinnerungen

30/10/2013

Katharinas Erinnerungen
Geschrieben Brasilianische Pfarrerin IECLB Scheila dos Santos Dreher
Übersetzung von Christinna Heidecker - Freiwillige Mission Eine Welt und von Austauchpfarrerin aus Brasilien – IECLB - Pfarrerin Adriane Beatriz Dalferth Sossmeier
Die Idee zum Übersetzung Reformationsjubiläum 2017
Präsentation Theaterstück am 13.06. 2017 - Kirchengemeinde Bertholdsdorf – Windsbach
Leitung von Pfarrerin Adriane Beatriz Dalferth Sossmeier


Als Lernmaterial nutzen wir das Buch „Katharina von Bora – eine Biographie“ von Pfarrerin Heloisa Gralow Dalferth, die gesammelten Werke Band 5 der Schriften von Pfarrer Prof. Dr. Martin Dreher über die Reformation, den Text der Diakonisse Ruthild Brakemeier aus „Novolhar“, Ausgabe 53 – 2013, und den Blog des Netzwerks für Frauen und Geschlechtergleichheit (redemulheresluteranas.blogspot.com). Der Text, der in Szene II – Die Hochzeit von Katharina und Martin Luther präsentiert wird, stammt, mit Ausnahme der Namen, aus einem Text, der von Martin Luther selbst geschrieben wurde und sich auf den ehelichen Segen (siehe Gesammelte Werke, Band 5, Seite 284) bezieht. Die Briefe, die in Szene IV vorkommen, sind in der Biographie von Katharina von Bora von Heliosa Gralow Dalferth niedergeschrieben.

Diese Inszenierung wurde im Original bei der 4. kulturellen lutherischen Nacht der Pfarrei Parecis im Bundesstaat Mato Grosso – Synode Mato Grosso, geschrieben. Als Aufführungsort wurde der Kirchenraum gedacht.


Bühnenbild:

Küche mit einem sehr großen Tisch, an dem in der ersten Szene dreizehn Nonnen sitzen können und Wohnzimmer mit antiken Möbeln und anderen alten Gegenständen.

Personen:

Im Verlauf des Schauspiels können Personen in unterschiedlichen Altersstufen eingebunden werden.
Folgende Charaktere werden benötigt:

• Katharina (schon älter, verantwortlich für Kommentare zwischen den Szenen)
• Szene I: Dreizehn Nonnen, unter ihnen die junge Katharina und eine Äbtissin sowie ein Fischhändler
• Szene II: Luther, Katharina, das Ehepaar Lucas und Barbara Kranach mit einem Kind, Jurist Johann Apel, Pfarrer Justus Jonas und Pfarrer Johann Bugenhagen
• Szene III: Luther, Katharina und fünf Kinder (drei Jungen und zwei Mädchen)
• Szene IV: Luther und Katharina (älter)

 

Glockenläuten

Musik

SCHAUSPIELLEITUNG 1

Guten Abend! Liebe Kinder und Erwachsene, liebe Gemeinde und Besucher, im Namen des ganzen Organisationsteams darf ich Sie alle herzlich begrüßen und willkommen heißen!

Lichter im vorderen Bereich der Kirche gehen aus

Musik

Power Point-Präsentation während der Text vorgelesen wird:

SCHAUSPIELLEITUNG 2:

Folie 2: Dieses Jahr feiern wir das 496. Jubiläum der Reformation! Wir befinden uns im Countdown bis hin zum 500. Jahrestag der Reformation. Um 1500, als die Segelschiffe der portugiesischen Seefahrer zum ersten Mal an der brasilianischen Küste anlegten, befand sich Europa in einem Zeitalter voller bedeutender Umbrüche.
- In Deutschland erfand Johannes Gutenberg im 15. Jahrhundert die Druckerpresse. So konnten sich neue Ideen schnell verbreiten.
- Aufgrund der Weltumsegelungen der Seefahrer veränderte sich das Bewusstsein vom Universum.
- Die Türken bedrohten Europa. Kriege und Konflikte um politische Macht prägten das 16. Jahrhundert, das Jahrhundert der Reformation.
- Der Handel etablierte sich aufgrund der Manufakturen zunehmend in den europäischen Städten; viele Bauern und Bäuerinnen verließen das Land, um in den Städten zu arbeiten. Der Kapitalismus als Wirtschaftssystem begann den Markt zu bestimmen.
- Große Epidemien, wie die Pest, forderten viele Opfer und löschten in einigen Städten fast die ganze Bevölkerung aus.
- Die Menschen lebten die Religion sehr intensiv. Sie hatten große Angst vor Gott und der Hölle und glaubten, da in der Kirche davon gepredigt wurde, dass sie die Vergebung und Gnade Gottes erlangen mussten. Die Reue war laut der Kirche nicht mehr nötig, denn die Vergebung war Teil eines Handels und die Kirche stellte sich als Vermittlerin in diesem Handel dar. Vergebung wurde mit Geld erkauft, sogar für geliebte Personen, die schon verstorben waren. Aus Angst verkauften die Menschen ihre Güter um die sogenannten Ablassbriefe zu erwerben.

Folie 2: Inmitten all dieser Veränderungen und Umbrüche fand die Reformation statt. Martin Luther, ehemaliger Augustinermönch, Professor der Bibel, entdeckte während seines intensiven Studiums der heiligen Schrift, das Gott den Menschen aus seiner unendlichen Barmherzigkeit vergibt und sie aus Gnade um ihres Glaubens Willen annimmt, ohne jegliche Verdienste ihrerseits. So steht es geschrieben im Römerbrief, Kapitel 1, Vers 17: „Der Gerechte wird aus Glauben leben.“

Folie 3: Deswegen schrieb Luther 95 Thesen und nagelte sie am 31. Oktober 1517, dem Reformationstag, an die Tür der Schlosskirche in Wittenberg in Deutschland.

Folie 4: Viele Personen waren an der Reformation beteiligt: Männer und Frauen, Priester, Mönche, Prinzen und einfache Leute aus dem Volk. Ausgehend von den Erinnerungen von Katharina von Bora, ehemalige Nonne, die 1499 in Deutschland geboren wurde und 1525 die Ehe mit Martin Luther eingingen, rekonstruieren wir einen Teil der Ereignisse und der zentralen theologischen Ideen in der Geschichte der Reformation.

Folie 5: Gehen Sie mit uns in der Zeit zurück und lassen sie sich von der Theologie und dem Mut der Personen verzaubern, die ein Zeitalter verändert haben und die uns einladen, eine Kirche zu leben, die sich in ständigem Wandel befindet!

Lichter im vorderen Bereich der Kirche gehen an.

Musik

Wenn die Musik aufhört, kommt Katharina in die Kirche. Sie singt: „Lobe den Herren“ (oder ein anderes christliches Lied in deutscher Sprache) vor sich hin. Sie trägt ein Körbchen mit Eiern auf den Armen, das sie auf den Küchentisch stellt, während sie weiter vor sich hinsingt.

1 – Kommentar

KATHARINA: Fertig! Alle Eier sind eingesammelt, die Tiere sind im Stall, es sind schon alle schlafen gegangen… Ich setze mich für ein Weilchen hin. Hm…es ist so kalt. Wo habe ich meinen Schal hin? Mit dem Alter bin ich ein bisschen vergesslich geworden! (Schaut sich um) Ah! Ja, ich habe ihn gestern Abend in die alte Truhe gelegt. Ich hole ihn!

Katharina öffnet die Truhe, findet den Schal und wickelt ihn sich um.

KATHARINA: Jetzt ist mir schon wohler.

Sie richtet ihre Aufmerksamkeit nochmal auf die Truhe.

KATHARINA: So viele Sachen sind in der Truhe. Menschen Kind! Na so was! Meine alte Nonnentracht ist hier! Wie lange ist es her, dass ich sie getragen habe! Ich erinnere mich gut an einige Geschehnisse aus dieser Zeit, an andere nicht mehr so gut. Es ist schon so lange her! Als ich fünf Jahre alt war, war meine Mutter bereits verstorben, mein Vater hat neu geheiratet und ich wurde zum Benediktinerinnenorden in Brehna hier in Deutschland gebracht. Naja, so war das eben. Eine verarmte adelige Familie gab ihre Tochter lieber ins Kloster, um sie dort leben und lernen zu lassen, als sie zuhause nicht richtig versorgen zu können. Als ich neun Jahre alt war, brachte mich mein Vater ins Kloster Marienthron in der Stadt Nimbschen. Dort lebte eine Tante mütterlicherseits, Muhme Lene, die viele Jahre später mit uns in Wittenberg wohnte. Außerdem gab es im Kloster Marienthron eine Schule für adelige Mädchen, die dort lebten und lernten, aber keine Nonnen werden sollten. Mit sechzehn Jahren wurde ich als Nonne in das Kloster aufgenommen und da habe ich auch mein Habit bekommen. Von diesem Tag an habe ich mich wie die anderen Schwestern angezogen: weißes Habit, schwarzer Schleier und schwarzer Gürtel. Ich erinnere mich daran, als wäre es gestern gewesen! Wir haben viel gearbeitet im Kloster, vor allem im Garten und im Stall. Dort habe ich gelernt, Kranke zu pflegen und Tees und heilende Kräuter anzuwenden. Ich habe Lesen und Schreiben und ein bisschen Latein gelernt. Wir haben auch viel gesungen und gebetet. Alles schön und gut! Aber dieses Schweigegebot… Ah! Das hat wirklich gestört! Stellt euch das mal vor! Im Speisesaal, im Schlafsaal, in der Kirche und im Chorsaal, überall durften wir nicht reden! Aber was mir noch am lebhaftesten in Erinnerung ist, ist das, was am Ostermorgen im Jahr 1523 geschah, als ich vierundzwanzig Jahre alt war…!

Musik

2 – Szene I: Die Flucht aus dem Konvent

Sieben Schwestern treten mit Harken, Rechen und anderen Arbeitsgeräten, sowie Körben mit Gemüse und Obst in das Hauptschiff der Kirche. Sie kommen aus dem Obstgarten und von den Beeten zurück.
Während sie sich rhythmisch im Gleichschritt bewegen, singen sie das Lied von den „Sieben Zwergen“:

„Eu vou, eu vou, pra casa agora eu vou. Pararatimbum, pararatimbum, eu vou eu vou! Eu vou, eu vou, eu vou, pra casa agora eu vou. Pararatimbum, pararatimbum, eu vou, eu vou!“

(In der deutschen Fassung möglicherweise folgender rhythmischer Sprechgesang:

„Wir sind die 7 Zwerge
und kommen aus dem Berge,
die Arbeit haben wir getan
und jetzt fängt das Vergnügen an!

Wir sind die 7 Zwerge
und kommen aus dem Berge,
jetzt gehen wir vergnügt nach Haus
und ruhen uns bis morgen aus!“)

MARGARETHE: (Margarethe ist die erste Schwester in der Reihe. Sie bleibt plötzlich stehen, dreht sich zu den anderen Schwestern um und spricht laut und gut gelaunt, indem sie lebhaft gestikuliert.)Stopp! So geht‘s nicht! Und wir sind auch nicht nur sieben Schwestern, wir sind zwööööölf Schwestern. Zurück alle miteinander! Nochmal, nochmal, nochmal…

Die Schwestern rennen zurück zum Eingang und stellen sich neu auf, während sie sich über ihre eigene Performance amüsieren. Margarethe ist wieder die erste in der Reihe.

Dieses Mal kommen zwölf Schwestern mit Harken, Rechen und anderen Arbeitsgeräten, sowie Körben mit Gemüse und Obst durch das Hauptschiff der Kirche. Sie benehmen sich sehr kontrolliert und ruhig. Sie kommen vom Obstgarten und aus den Beeten zurück. Sie bewegen sich langsam und geordnet. Sie singen gemeinsam in ernsten und feierlichen Ton (in Begleitung einer Gitarre oder eines anderen Instruments):

„Vamos nós trabalhar, somos servas de Deus, nosso Mestre servir no caminho dos céus; e no seu bom conselho o vigor renovar, diligentes fazendo o que Cristo ordenar. No labor, com fervor, a server a Jesus, com firmeza a fé e com oração, até que volte o bom Senhor.” (HPD 184)

(In der deutschen Fassung möglicherweise „In Gottes Namen fang ich an“, Evangelisches Gesangbuch 494:

„1. In Gottes Namen fang ich an, / was mir zu tun gebühret; / mit Gott wird alles wohlgetan / und glücklich ausgeführet. / Was man in Gottes Namen tut, / ist allenthalben recht und gut / und kann uns auch gedeihen.

2. Gott ist’s, der das Vermögen schafft, / was Gutes zu vollbringen; / er gibt uns Segen, Mut und Kraft / und lässt das Werk gelingen; / ist er mit uns und sein Gedeihn, / so muss der Zug gesegnet sein, / dass wir die Fülle haben.

6. Nun, Jesu, komm und bleib bei mir. / Die Werke meiner Hände / befehl ich, liebster Heiland, dir; / hilf, dass ich sie vollende / zu deines Namens Herrlichkeit, / und gib, dass ich zur Abendzeit / erwünschten Lohn empfange.“

Die Schwestern schweigen als sie im Speisesaal ankommen (der Tisch in der Mitte des Bühnenbildes, der vorher als Küche genutzt wurde, dient jetzt als Speisesaal des Konvents), wo sie ein langer Tisch mit dreizehn Stühlen steht. Sie stellen Obst und Gemüse in Schalen auf den Tisch und verstauen die Arbeitsgeräte in einem Eck des Raumes. Sie waschen ihre Hände in einer Schüssel mit einem Wasserkrug und trocknen sie an einem Handtuch ab. Sie stellen sich um den Tisch herum auf und warten. Ein großer Topf befindet sich in der Mitte und dreizehn Teller mit Löffeln sind schon auf dem Tisch verteilt. Die dreizehn Schwestern führen all ihre Bewegungen in absolutem Schweigen und ohne Späßchen aus.

Musik

Die Äbtissin kommt durch das Hauptschiff der Kirche und stellt sich an den Kopf des Tisches. Die Schwestern begrüßen sie mit einer Kopfbewegung, sodass sich ihre Blicke kreuzen. Sie passen ihre Gebetshaltung der Haltung der Äbtissin an (Hände gefaltet, Augen geschlossen).

ÄBTISSIN: Wir danken dir, Herr, für die Speisen, die wir hier auf unserem Tisch in unserem Kloster Marienthron in Nimbschen haben. Amen.

Musik (während der Mahlzeit)

Alle Nonnen setzen sich. Eine der Schwestern bleibt stehen und teilt aus.

Alle essen schweigend. Die Äbtissin steht anschließend wieder auf, alle anderen folgen ihrem Beispiel. In Gebetshaltung dankt sie für die Speisen.

ÄBTISSIN: Danke, Herr! Nimm unseren Lobpreis an. Amen.

Neun Schwestern stehen auf und folgen schweigend der Äbtissin durch das Hauptschiff der Kirche und die Tür nach außen.
Drei bleiben um das Geschirr in einer Schüssel am Kopf des Tisches zu abzuspülen. Währenddessen unterhalten sie sich.

MARGARETHE: Katharina, ist irgendeine Rückmeldung auf den Brief gekommen, den wir Doktor Luther geschrieben haben?

KATHARINA: Ja, ja Margarethe! Gestern Nacht hat ein Augustinermönch aus dem Konvent von Grimma, hier in der Nähe, eine Antwort auf den Brief, den wir Doktor Luther geschrieben haben, gebracht.

AVE: Und, Katharina? Was stand in dem Brief? Sag!

MARGARETHE: Ja, Katharina, sag‘ schon!

KATHARINA: (Macht mit der Hand ein Zeichen um die anderen zu beruhigen) Immer mit der Ruhe! Ich sag‘s euch schon, ich sag‘s euch schon! Doktor Luther hat sich aus verschiedenen Gründen sehr erfreut gezeigt über den Brief, den wir im geschrieben haben. Ihm zufolge haben wir richtig verstanden, dass alle Menschen dazu aufgerufen sind, Gott durch ihre Arbeit, die sie im Alltag ausführen, zu dienen. Deswegen ist es nicht nötig, dass die Menschen in Zurückgezogenheit leben, in Klostern, und sich von allem isolieren um Gott zu danken. (Margarethe und Eva hängen Katharina an den Lippen und halten vor Spannung fast den Atem an.)

MARGARETHE: (Margarethe umarmt Katharina) Das ist wunderbar, Katharina!

AVE: (umarmt ihre beiden Freundinnen. Die drei hüpfen vor Freude.) Gott sei gelobt!

MARGARETHE: Und was hat Doktor Luther noch gesagt, Katharina?

KATHARINA: Also, er hat noch gesagt, dass er bei seinem Bibelstudium bemerkt hat, dass Gott uns rettet, weil er uns liebt, aus seiner Barmherzigkeit. Nichts, nichts was wir tun, lässt uns seine Vergebung erlangen. Er vergibt uns nur aus Gnade durch den Glauben. Das steht im Brief des Apostels Paulus an die Römer geschrieben.

AVE: Unglaublich! Dann ist Gott also kein Richter-Gott, dem Blitze aus den Augen schießen und dem es Vergnügen bereitet, uns in der Hölle brennen zu lassen!

MARGARETHE: Gelobt sei Gott!

KATHARINA: Und er schreibt noch mehr!

AVE: Was, Katharina, was noch?

MARGARETHE: Und wird er uns helfen, hier heraus zu kommen? Das ist es! Es kann nur das sein!

KATHARINA: Ja!!! (Margarethe und Ave jubeln vor Freude) Er hat einen seiner Freunde um Hilfe gebeten, der seinerseits seinen Neffen um Hilfe gebeten hat, das ist der, der immer Fisch an unseren Konvent verkauft.

AVE: Wirklich? Aber wie können wir von hier fliehen? Wenn wir erwischt werden, ist uns die Todesstrafe gewiss!

KATHARINA: Der Plan ist folgender: Leonardo Koppe, der Fischhändler, bringt am Ostersonntag eine Lieferung. Also…

Die drei Schwestern umarmen sich und unterhalten sich flüsternd über den Plan.

MARGARETHE: Gut! Lasst uns den Anderen von dem Plan erzählen und viel beten, dass alles gut geht!

Musik

Margarethe, Katharina und Ave gehen durch die Tür der Kirche hinaus.

Die vorderen Lichter in der Kirche gehen aus.

Fluchtszene (Händler und zwölf Nonnen): Der Fischhändler kommt durch das Hauptschiff herein und zieht ein Wägelchen, das mit einem Fass für Fische (aus Pappe oder anderem Material) beladen ist, hinter sich her. Er pfeift vor sich hin und schaut sich selbstbewusst um. Als er seine Fische ablädt, kommen die Schwestern durch die Gänge der Kirche, leise kichernd mit einem Ausdruck und einer Haltung, als würden sie etwas Verbotenes tun.

Als der Händler seine Fische immer noch pfeifend und mit lausbübischem Ausdruck abgeladen hat, macht er ein Zeichen, dass sie auf den Wagen steigen können.

Die Lichter gehen an.

Musik (während der Flucht)

Eine der Schwester klettert in das Fass und die Anderen laufen neben und hinter dem Wägelchen her, mit schelmischem Ausdruck, vor Freude hüpfend und kichernd! Die Gruppe verlässt die Kirche durch das Hauptschiff.

3 – Kommentar

KATHARINA: Es war unglaublich was geschehen ist! Wer hätte gedacht, dass die Schriften Martin Luthers in den Konvent Marienthron hineingelangten und dass ihre Lektüre diesen ganzen Tumult auslösen würde! Als wir gelesen haben, dass es nicht nötig ist, Gott nur in den Konventen zu dienen, sondern dass er Jede und Jeden dazu aufruft, im täglich, durch seine Berufs- oder Studientätigkeit zu dienen, haben wir keinen Sinn mehr darin gesehen, weiter in der Zurückgezogenheit zu bleiben. Das gleiche haben auch Nonnen und Mönche anderer Konvente gedacht und haben sich ebenfalls von dem Gedanken des Rückzugs ins Kloster entfernt. Am Ostersonntag, dem Tag unserer Flucht, sind wir in der Stadt Torgau angekommen und dort bis Dienstag geblieben. Drei von uns sind schon dort von ihren Familien aufgenommen worden. Obwohl wir wohlwollend empfangen wurden, sogar mit Applaus von Seiten der Bürger der Stadt, wollten die Leute nicht, dass wir in Torgau blieben, denn in diesem Fürstentum riskierten alle, die Nonnen und Mönchen halfen, die Todesstrafe. Also fuhren wir weiter nach Wittenberg. Wir kamen am Dienstag spätnachmittags an. Ich erinnere mich an den überraschten Eindruck einiger Leute, als wäre es gestern gewesen. „Das sind Nonnen! Lass sehen: Eine, zwei, drei, vier. fünf, sechs, sieben, acht, neun Nonnen! Was wird mit ihnen geschehen? Wo werden sie hingehen?“ – die Leute machten solche Bemerkungen, während sie den Wagen, der uns nach Wittenberg gebracht hatte, umringten. Die folgenden Tage gefüllt von Neuigkeiten. Langsam fand jede von uns ihren neuen Platz. Einige wurden von Familienmitgliedern aufgenommen, für Andere fand Martin Luther selbst, mit Hilfe einiger seiner Freunde, einen Ehemann. Später wurden einige von uns selbst Lehrerinnen in Schulen für Mädchen. Ich erinnere mich sehr gerne daran, wie ich viele Monate im Haus von Lucas und Barbara Kranach gewohnt habe. Dort habe ich Hieronymus Baumgärtner kennengelernt und mich in ihn verliebt. Er war nur ein Jahr älter als ich. Unglücklicherweise fuhr er nach Nürnberg, um seine Eltern um Erlaubnis zu bitten, mich zu heiraten, aber sie haben es ihm nicht gestattet. Den Gedanken, dass sich einer ihrer Söhne mit einer ehemaligen Nonne verheiraten sollte, konnten die Eltern nicht akzeptieren. Doktor Martin Luther selbst, mit seinem Sinn für Verantwortung hat schließlich an Hieronymus Baumgärtner geschrieben, um ihn nach seiner Entscheidung zu fragen. Doktor Matin Luther hat mir dann einen Pfarrer als Mann ausgesucht, aber den wollte ich nicht. Ich schickte eine Nachricht an einen Freund Martin Luthers, in der stand, dass ich auf gar keinen Fall diesen Pfarrer heiraten würde, aber wenn Martin Luther mich heiraten wolle, so würde ich nicht nein sagen. Trotz der Angst, die Martin Luther davor hatte, zu heiraten, da er jeden Moment der Bedrohung ausgesetzt war, ermordet zu werden, geschah etwas…! Er hatte sich in seinen Schriften schon auf die Ehe bezogen, indem er sagte, dass diese ein besonderer Raum für Mann und Frau wäre, um Gott zu dienen. Wir heirateten am Abend des 13. Juni 1525. Martin war 42 Jahre alt und ich 26.

Musik

4 – Szene II: Hochzeit von Katharina und Luther

Musik

Pfarrer Johann Bugenhagen kommt durch das Hauptschiff der Kirche mit einem schwarzen Buch in der Hand, stellt sich in die Mitte des Altarraums und dreht sich zur Gemeinde um. Er spricht in ernstem und feierlichem Ton.

PFARRER JOHANNES BUGENHAGEN: In Übereinstimmung mit der göttlichen Ordnung wollen Martin Luther und Katharina von Bora in den heiligen Bund der Ehe treten. Sie möchten dies vor der christlichen Gemeinde bezeugen, die für ihr Glück beten soll, damit sie im Namen Gottes den Beginn ihrer Ehe wagen können. Wer gegen diese Ehe etwas einzuwenden hat, der rede jetzt und schweige sonst für immer. Gott gebe euch seinen Segen. Amen.

Musik

Martin Luther und Katharina kommen Arm in Arm durch das Hauptschiff der Kirche. Hinter ihnen treten außerdem die eingeladenen Gäste ein. Barbara und Lukas Kranach mit ihrer Tochter, der Pfarrer der Stadtkirche Justus Jonas und der Jurist Johann Apel.
Sie klatschen, pfeifen und rufen, feiern und stoßen Freudenschreie aus, wie: Es leben die Brautleute! Endlich sind sie in Schwung gekommen! Die allgemeine Stimmung, auch die der Brautleute, ist fröhlich.
Der Pfarrer begrüßt Luther, Katharina und die Gäste. Die Gruppe der Geste stellt sich um das Brautpaar und den Pfarrer auf (nicht mit dem Rücken zur Gemeinde!) Alle werden still. Pastor Johann beginnt den Gottesdienst.

PFARRER JOHANN: Lieber Kollege Martin, liebe Frau Katharina, ihr habt zu diesem Anlass den Juristen Johann Apel, den Pfarrer Justus Jonas und das befreundete Ehepaar Lukas und Barbara Kranach eingeladen (Dadurch, dass der Pfarrer die Namen nennt, werden sie der Gemeinde bekannt gemacht.).
Gut! Im Buch Genesis, Kapitel 1, Vers 27 steht geschrieben: Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und er schuf sie als Mann und Frau.

Er hat sein Wohlgefallen daran und nennt uns seine geliebte Schöpfung. Und Gott will, dass seine geliebte Schöpfung als Gottes Werk geehrt und respektiert werde, und erlaubt nicht, dass der Mann die Frau oder das Mädchen verachtet oder verhöhnt oder die Frau den Mann gleichermaßen. Sondern er will, dass Jede und Jeder die andere Person und ihren Körper ehrt als gutes Werk Gottes.

MARTIN LUTHER UND KATHARINA: Ja! Ja! (Katharina und Luther stimmen froh zu, indem sie mit „Ja“ ihre Zustimmung bekunden)

PFARRER JOHANN: Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan, so steht es im Buch Genesis, Kapitel 1, Vers 28. Dieser Vers gibt uns die Sicherheit, dass Mann und Frau sich vereinigen sollen, um sich zu vermehren.

MARTIN LUTHER UND KATHARINA: Ja! (Beide stimmen zu, fröhlich)

PFARRER JOHANN: So frage ich dich: Martin Luther, willst du Katharina von Bora, die Gott dir anvertraut, als deine Ehefrau lieben und ehren und die Ehe mit ihr nach Gottes Gebot und Verheißung führe in guten und in bösen Tagen, bis der Tod euch scheidet, so antworte: „Ja, mit Gottes Hilfe“

MARTIN LUTHER: Ja, mit Gottes Hilfe (Luther antwortet deutlich und fröhlich)

PFARRER JOHANN: Ebenso frage ich dich, Katharina von Bora, willst du Martin Luther, den Gott dir anvertraut, als deinen Ehemann lieben und ehren und die Ehe mit ihm nach Gottes Gebot und Verheißung führen in guten und in bösen Tagen, bis der Tod euch scheidet, so antworte: Ja, mit Gottes Hilfe.

KATHARINA: Ja, mit Gottes Hilfe (Auch Katharina antwortet laut und fröhlich)

PFARRER JOHANN: Was Gott zusammengeführt hat, das soll der Mensch nicht scheiden.

Die ganze Gruppe feiert die Vermählung mit Ausdrücken der Freude.

LUKAS KRANACH: Aber die Hochzeitsfeier, wann wird die sein?

MARTIN LUTHER: Nächste Woche wird eine Feier mit vielen Freunden und Bekannten stattfinden. Alle sind eingeladen! Es wäre uns eine Freude!

JURIST: Aber lasst uns schon jetzt anstoßen!

GRUPPE: Ja, lasst uns anstoßen!

Musik (ein Bierfässchen)

Eine Gruppe verlässt die Kirche singend und tanzend durch das Hauptschiff.

„Um barril de chopp, lala…, dois barril de chopp…, três…, quarto…,cinco,seis, sete, nove dez” Es lebe das Brautpaar!

(In der deutschen Fassung möglicherweise:

„Was wollen wir trinken,
sieben Tage lang,
was wollen wir trinken,
so ein Durst!

Es wird genug für alle sein,
wir trinken zusammen,
rollt das Fass herein,
wir trinken zusammen, nicht allein!“

5 – Kommentar

KATHARINA: In der Hochzeitsnacht, so war es in dieser Zeit üblich, brachten uns die Gäste bis an das gemeinsame Schlafzimmer und warteten bis wir uns niedergelegt hatten. Dann verabschiedeten sie sich und kamen am folgenden Tag zurück, um mit uns zu frühstücken. Eine Woche später war die richtige Hochzeitsfeier. Auch die Eltern meines Mannes waren da. Es war ein schönes Fest im Schwarzen Kloster, einem alten Klostergebäude, das Martin von der Universität als Wohnung erhalten hatte. In den folgenden Jahren füllte sich das Haus mit Leben. Wir bekamen drei Töchter und drei Söhne. Außerdem nahmen wir viele Nichten und Neffen bei uns auf. Martin blieb oft von zuhause fern, er war in Sachen Reformation unterwegs. Er hat nie vergessen, egal wo er war, den Kindern zu schreiben und ihnen von dem Ort, wo er sich aufgehalten hatte, eine Mitbringsel zu kaufen. Unsere große Last war der Verlust unserer zweiten Tochter Elisabeth, als sie noch ein Baby war. Es war schwer, das zu ertragen und zu überwinden! Aber Gott hat uns mit unseren Töchtern und Söhnen viel Freude gebracht. Ich erinnere mich sehr gerne an die Weihnachtsfeste in unserer Familie, als unsere Söhne und Töchter noch Kinder waren…!“

Musik

6 – Szene III: Weihnachten in der Familie

(Töchter und Söhne von Katharina und Luther: Johannes, Elisabeth, die schon im Alter von sieben Monaten als Baby wahrscheinlich an Kehlkopfentzündung starb, Magdalena, die im Alter von zwölf Jahren wahrscheinlich an Leukämie starb, Martin, Paul und Margarethe Luther)

Musik

Die Kinder kommen lebhaft durch das Hauptschiff der Kirche. In den Händen tragen sie Weihnachtsschmuck. Außerdem können sie Spielzeug mitbringen. Katharina folgt den Kindern. Als letzter kommt Luther, der eine kleine Tanne in einer Vase oder einem Halter trägt.

MAGDALENA: Los geht’s! Lasst uns den Tannenbaum schmücken um die Geburt vom Jesuskind zu feiern!

MARGARETHE: Ja, los geht’s!

KATHARINA: Immer mit der Ruhe Kinder! Langsam! Johann, du hilfst deinem Vater mit dem Baum! Magdalena, Martin, Paul und Margarethe, ihr stellt den Weihnachtsschmuck auf diese Seite. (Katharina hilft den Kindern. Luther und Johannes stellen den Christbaum an der Seite des Bühnenbildes auf.)

MARTIN LUTHER: Fertig! Jetzt haben wir einen wunderschönen Weihnachtsbaum. (Luther zeigt sich zufrieden.)

KATHARINA: Es ist wirklich ein schöner Baum! Kinder! Lasst uns den Tannenbaum schmücken und uns erinnern wie der Schnee auf die grünen Äste der Tannen da draußen fällt, ja? Wer hilft mit?

KINDER: Ich will helfen! Ich will auch!

Die ganze Familie schmückt den Tannenbaum. Katharina und Luther sind mit der Dekoration einverstanden. Sie reden spontan miteinander.

Tannenbaums. (Die ganze Familie setzt sich im Halbkreis auf Stühle, so, dass sie nicht mit dem Rücken zur Gemeinde sitzen.) Am allerersten Weihnachtsabend hat Gott uns ein Geschenk gemacht, dessen Wert sonst nichts gleichkommt. Ich will euch auch ein Geschenk machen. Hört mir gut zu!

Martin Luther erzählt seinen Söhnen und Töchtern die Weihnachtsgeschichte mit einem Lied.

„1. Num berço de palhas dormia Jesus
O meigo menino que veio à luz.
Num rude presépio, de noite, em Bélem.
Equanto as estrelas brilhavam além.

2. Acorda o menino o gado a mugir
Mas ele não chora, se põe a sorrir!
Eu Te amo, querido menino gentil:
Vem agurada também o meu berço infantil.

3. Criança, tu foste nascida em Bélem:
Por isso às crianças atendes também.
Desejo ter sempre a meu lado, Senhor,
A tua presence tão cheia de amor.”

(Könnte in der deutschen Fassung möglicherweise durch “vom Himmel hoch da komm ich her” von Luther, Strophe 1-6 ersetzt werden:

1. Vom Himmel hoch da komm ich her,
ich bring euch gute neue Mär,
der guten Mär bring ich so viel,
davon ich singen und sagen will.

2. Euch ist ein Kindlein heut geborn,
von einer Jungfrau auserkorn,
ein Kindelein so zart und fein,
das soll euer Freud und Wonne sein.

3. Es ist der Herr Christ unser Gott,
der will euch führn aus aller Not,
er will euer Heiland selber sein
von allen Sünden machen rein.

4. Er bringt euch alle Seligkeit,
die Gott der Vater hat bereit‘,
dass ihr mit uns im Himmelreich
sollt leben nun und ewiglich

5. So merket nun das Zeichen recht:
die Krippe, Windelein so schlecht,
da findet ihr das Kind gelegt,
das alle Welt erhält und trägt.

6. Des lasst uns alle fröhlich sein
und mit den Hirten gehen hinein,
zu sehn, was Gott uns hat beschert,
mit seinem lieben Sohn verehrt.

Die Kinder hören dem Lied aufmerksam zu. Nach Ende des Liedes applaudieren sie.

MAGDALENA: (Sie gibt ihrem Vater einen Kuss auf die Wange) So ein schönes Lied, Papa!

JOHANN: Danke für das Geschenk, Papa!

DIE ANDEREN KINDER IM CHOR: Danke, Papa!

MARTIN LUTHER: Schon gut! Es wird Zeit, dass wir uns fertigmachen, um in den Weihnachtsgottesdienst zu gehen! Und erinnert euch daran: „Christus will dein Bruder sein, so wie Gott dein Vater sein will.“ (Aus: Martin Luther, Perlen des täglichen Lebens) Jetzt gehen wir in die Kirche! (Luther ruft die Kinder und steht auf.)

KATHARINA: (Sie ist immer sehr praktisch und mahnt die Kinder zur Eile.) Kommt Kinder! Gehen wir! Die Zeit vergeht so schnell!

Die Familie geht zum Klang der weihnachtlichen Musik aus der Kirche, einige Hand in Hand.

Weihnachtliche Musik

7 – Kommentar

KATHARINA: Das Leben im alten Kloster der Stadt Wittenberg, das uns als Wohnung diente, war immer sehr intensiv. Ich habe mich um die Verwaltung und den Haushalt des großen Hauses und außerdem um unsere Besitzgüter, die sich im Laufe der Zeit angesammelt haben, gekümmert. Wir hatten einen Garten, eine kleine Tierzucht und einige Felder in den Ländereien um unser Haus herum. Später kamen noch Felder dazu, die meiner Familie in Zülsdorf gehört hatten. Außerdem mussten wir Angestellte einstellen um unseren Besitz überhaupt in Schuss halten zu können. Da es für die Universitätsprofessoren üblich war, Wohnräume für die Studenten bereitzustellen, entschied ich, unser Haus zu renovieren und den Raum, den wir nicht benötigten für ein Studentenpensionat zu nutzen. Viele Studenten haben bei uns gewohnt. Unsere Küche war immer sehr bewegt und an dem großen Küchentisch fanden viele theologische Gespräche statt, an denen ich auch teilnahm. Wie reich waren diese Gespräche, die durch Martins Wissen und seinen Scharfsinn angeschürt wurden! Das Wissen um den Nutzen heilkräftiger Kräuter, das ich während meiner Zeit im Konvent Marienthron gesammelt hatte, war für mich bei vielen Gelegenheiten von großem Wert. Sogar Leute aus der Stadt kamen zu unserem Haus, um sich im Krankheitsfall Hilfe zu erbitten. Wenn Martin verreiste, schrieb er mir für gewöhnlich Briefe über verschiedene Angelegenheiten. Manchmal hielt er mich über die politischen Geschehnisse auf dem Laufenden, die mit der Reformation zu tun hatten, manchmal erstattete er mir Bericht über theologische Diskussionen, manchmal wollte er meine Meinung zu unterschiedlichen Angelegenheiten hören oder er bat mich darum, die Publikation einer seiner Schriften in die Wege zu leiten.

8 – Szene IV: Briefe von Martin Luther an Katharina

Luther eilt durch das Hauptschiff der Kirche und bringt Pergament, ein Tintenfass und eine Feder mit sich. Er setzt sich an einen Tisch und zündet eine Lampe (oder eine Kerze) an.

MARTIN LUTHER: Hm… Also… Ich muss Katharina von den neuesten Ereignissen berichten. Ich kann mir ihre Ungeduld vorstellen, weil sie schon seit so vielen Tagen keine Nachricht mehr von mir bekommen hat!

Er macht sich daran zu schreiben. Während er schreibt, liest er mit lauter Stimme vor.

„8. September 1530

Zu Händen meiner liebsten Hausherrin Katharina Luther in Wittenberg.

Gnade und Frieden in Christus!

Meine geliebte Käthe! Dieser Bote kam so in Eile hier vorbei, dass ich es nicht schaffe, viel zu schreiben. Aber ich denke, dass wir uns in Kürze persönlich sehen werden, denn der Bote brachte uns Briefe aus Augsburg, in denen stand, dass die Berichte in unseren Angelegenheiten endlich angekommen sind und dass wir nur noch auf die Beschlüsse und Entscheidungen des Kaisers warten müssen. Denkt nur, dass alles auf ein zukünftiges Konzil verschoben wurde […] Es soll geschehen, wie es der Wille Gottes ist, aber wenigstens der Streit soll ein Ende haben. Wir tun was wir können und die Papisten wollen nicht um Haaresbreite nachgeben. […]

Ich wundere mich sehr, dass dir jemand gesagt hat, ich sei krank, denn du selbst siehst den Stapel Bücher, den ich zu Zeit schreibe […]

Grüße alle von mir! Ich habe ein großes und schönes Zuckerbuch für unseren Sohn Hans Luther […]. Behüt‘ euch Gott und betet! […]

Martinus Luther“

Luther schreibt weiter und liest scheinbar.

KATHARINA: Wenige Tage, nachdem ich diesen Brief erhalten hatte, schrieb Luther mir nochmal. Die Situation und die Ereignisse der Reformation im Jahr 1530 waren verzwickt!

MARTIN LUTHER:

„24. September 1530

Zu Händen von Frau Doktor Katharina Luther, Wittenberg

Gnade und Frieden in Christus!

Meine geliebte Käthe!
Gestern habe ich dir geschrieben und zusammen mit dem Brief habe ich einen anderen an meinen lieben Herrn Konrad Kordatus, geschickt, in dem du lesen kannst, wie gut es uns in Augsburg geht. Deswegen denke ich, (so Gott will!) dass wir in vierzehn Tage bei euch zu Hause sein werden. Aber wie ich bemerke, bleibt unser Fall nicht ohne Verurteilung, aber das interessiert nicht. Sie wollen, dass die Mönche und Nonnen in die Klöster zurückkehren. Johann Riedesel hat uns geschrieben. Er erwartet, dass wir auf friedlichen Wegen Augsburg verlassen können. Das gebe Gott! Mehr Neuigkeiten wirst du von Hornunger hören. Bleibt von Gott behütet. […]

Martinus Luther“

Luther schreibt weiter.

KATHARINA: Martin hat sich immer darum bemüht, den Kindern bei der Rückkehr von seinen Reisen etwas mitzubringen. Wenn er nichts fand, was ihnen gefallen hätte, bat er mich darum, hier irgendetwas zu finden um es den Kindern bei seiner Ankunft zu geben. Martin hielt mich durch seine Briefe weiterhin über die Ereignisse der Reformation informiert und bat mich um meine Meinung. Martin berichtete in seinen Karten außerdem von seinem Gesundheitszustand, der nie sehr gut war. Er litt lange Zeit unter einer Wunde am Bein und außerdem unter Nierensteinen. Wenn ich nicht dazu kam, ihm schnell auf seine Briefe zu antworten, weil ich viel im Studentenpensionat, in unserem Haus und auf unseren Besitztümern zu tun hatte, beschwerte er sich auch.

MARTIN LUTHER: Hm… Also…

„2. Juli 1540

Zu Händen meiner lieben Käthe, der lutherischen Doktorin

Liebe Käthe, bezaubernde Frau aus Zülsdorf (und noch bezaubernder, weil sie so genannt wird)

Ich möchte Ihnen, der Bezaubernden, mitteilen, dass es mir hier sehr gut geht. Meister Philipp Melanchton war tot und ist wie Lazarus vom Tode auferstanden. Gott, der gute Vater, hat unsere Gebete erhört.

Ich habe Pfarrer P.Pommer geschrieben, in welcher Form der Alte von Schwarzburg um einen Pfarrer nach Greussen bittet. Ich bitte dich, dass du, intelligente Frau und Doktorin, zusammen mit Meister Georg Maior und Meister Ambrosius hilfst, zu entscheiden, welcher der drei Pfarrer, die ich Pommer gezeigt habe, ausgewählt werden soll. Keiner von ihnen ist ein schlechter Pfarrer. Seit weise und tut euer Bestes.

Ich habe die Briefe der Kinder bekommen […]. Aber von Euer Gnaden habe ich nichts erhalten. Wer weiß, so Gott will, werde ich nach diesem Brief, den ich an Euch schreibe, eine Antwort aus Eurer Hand empfangen.

Bleibt gesund und fröhlich und betet, Amen.“

KATHARINA: Ich fand es immer sehr sympathisch und liebevoll, wie sich Martin als Einleitung seiner Briefe an mich gewendet hat. Schaut nur, am 7. Februar 1546 hat er geschrieben (Katharina liest): „Meine geliebte Hausherrin Katharina Luther, Doktorin, Schweinehändlerin in Wittenberg, meine von Kopf bis Fuß bezaubernde Frau.“
Wenige Tage später, am 10. Februar 1546 hat er nochmal geschrieben: „An die heilige, besorgte Frau Katharina Luther, Doktorin, Frau aus Zülsdorf (das ist die Stadt wo wir Ländereien besaßen, die meiner Familie gehörten), meine bezaubernde, geliebte Hausherrin.“ Viele Briefe beendete Martin mit folgenden Wörtern: „Martinus Luther, dein geschätzter Liebling“.

Musik

Martin Luther sammelt seine Pergamente ein, löscht die Lampe (oder die Kerze) aus und verlässt die Kirche durch das Hauptschiff.

9 – Kommentar

KATHARINA: Martin Luther sagte: „Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemand untertan. Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan.“ Martin Luther lebte als freier Mensch in Christus. Deswegen änderte er seinen Namen von „Ludher“, mit dh, was Herumtreiber bedeutet, zu „Luther“, mit th, was „frei“ bedeutet. Aus dem Gefühl der Freiheit heraus diente er Gott. Er übersetzte die Bibel in die deutsche Sprache und sorgte dafür, dass die Gottesdienste in unserer Sprache gehalten wurden, damit alle verstehen konnte, was gepredigt wurden, und sich nicht von Stimmen, die nicht mit dem Evangelium von Jesus Christus übereinstimmten, verhöhnen ließen. Martin drängte außerdem die Fürsten dazu, Schulen in ihren Fürstentümern einzurichten und allen Mädchen und Jungen die Möglichkeit zu geben, Lese- und Schreibkenntnisse zu erwerben. Er kritisierte die Dreistigkeit der Leute in ihren Verhandlungen und jede Unehrlichkeit und Ungerechtigkeit zwischen Herren und Knechten. Er schrieb viel und half den Menschen, einen Gott kennenzulernen, der liebt und von der Macht des Todes und der Sünde durch den Glauben befreit, ohne persönliche Verdienste zu fordern. Martin verstarb in der Stadt, in der er auch geboren wurde, in Eisleben, im Jahr 1546, im Alter von 64 Jahren, während er versuchte einen Konflikt zwischen Brüdern beizulegen. Obwohl Martin in seinem Testament angeordnet hatte, dass weder ich, noch unsere Söhne und Töchter einen Vormund benötigten, da wir gewohnt waren uns selbst um die Verwaltung und um alles, was uns betraf zu kümmern, wurden wir gezwungen, einen Vormund zu akzeptieren. Die Einsamkeit und die Verzweiflung durch den Verlust von Martin waren sehr groß. Ich verstand, dass ich nicht nur meinen geliebten Mann verloren hatte, sondern dass der Welt ein großer und wertvoller Mann verloren ging. In der ersten Zeit hatte ich Schwierigkeiten zu essen, zu trinken und zu schlafen. In den folgenden Jahren durchlebten wir große Schwierigkeiten aufgrund der politischen Kriege, der Seuche, die die Bevölkerung unserer Stadt stark schrumpfen ließ und natürlich auch finanzieller Probleme. Wegen der politischen Kriege musste ich noch einmal aus Wittenberg fliehen und an einem anderen Ort eine Bleibe suchen. Durch das alles wurde meine Gesundheit all zu sehr geschwächt!

Die Lichter im vorderen Teil der Kirche gehen aus.

Musik (während der ganzen folgenden Szene)

Katharina zündet schweigend eine Kerze an und verharrt für einige Momente stehen und schweigend mit dem Gesicht Richtung Kerze. Sie löscht die Kerze aus und verschwindet durch das Hauptschiff der Kirche.

DIRIGENT 2

Folie 6: Katharina von Bora, oder „der Morgenstern von Wittenberg“ wie Martin Luther sie liebevoll nannte, verstarb am 20. Dezember 1552 im Alter von 53 Jahren. Sie wurde in der Stadt Torgau beerdigt. Philipp Melanchton, Professor an der Universität in Wittenberg, Denker der Reformation und Mitarbeiter von Martin Luther hielt die Beerdigung. Nicht nur Katharina von Bora, sondern auch andere Frauen haben entscheidend an der Reformation mitgewirkt. Unter diesen Frauen sind auch Argula von Grumbach und Katharina Schütz Zell.

Argula von Grumbach äußerte sich schriftlich basierend auf der Bibel zugunsten eines lutherischen Professors Arsacius Seehofer und bot an, mit den anderen Professoren der Universität Ingolstadt an seiner Stelle zu diskutieren. Dieser Disput fand nie statt, aber ihre Schrift wurde sieben Mal publiziert und 30 Tausend Mal kopiert. Argula von Grumbach bestand in einem Briefwechsel mit Martin Luther darauf, dass er eine Mitstreiterin träfe und sich verheirate, um sein Zeugnis vom Evangelium mit der Ehe zu krönen.

Katharina Zell wohnte in Straßbourg. Sie lebte an der Seite ihres Mannes. Sie wurde zu einer engagierten Pflegerin kranker Menschen. Sie nahm 150 Männer, die vor der Reformation geflohen waren, auf und schrieb tröstende Briefe an deren Ehefrauen, Söhne und Töchter. Während der Bauernkriege organisierte sie, dass in der Stadt mehr als 3000 Flüchtlinge aufgenommen werden konnten. Katharina Zell gab ein Lied mit Psalmen heraus, um auch Frauen zu ermöglichen, zu singen.

Folie 7: Diese anderen Frauen bezeugten das Evangelium von Jesus Christus im Kontext der lutherischen Reformation. Viele von ihnen hatten eine gute akademische Ausbildung und nahmen an Studiengruppen und Diskussionen teil.

Die Lichter gehen an.

DIRIGENT 3

Die Reformation veränderte die damalige Welt. Indem wir die Geschichte der Reformation und der Personen – Männer wie Frauen – die in diese Geschichte verwickelt waren, um das Evangelium von Jesus Christus weiterzutragen, besser kennenlernen, können wir auch die aktuelle Dimension der Reformation sehen. Auch heute noch ist die zentrale Wiederentdeckung von Martin Luther, des Gottes der liebt und uns aus Gnade und um unseres Glaubens willen annimmt, ein Wort der Freiheit. Nichts hält uns gefangen. Katharina hat das verstanden, als sie aus dem Kloster fortging und Gott im Alltag diente, in den vielfältigen Aufgaben, die sie ausführte und die Überlegungen, an denen sie teilhatte. Von Gott kann man nichts erkaufen. Man bekommt alles umsonst. Aus Dankbarkeit können wir ihm mit Freuden dienen. So wie die Reformation mit der Hilfe und Teilhabe vieler Leute geschah, ist heute das Priestertum aller Gläubigen, die das Reich Gottes bezeugen, nötig!

Musik

Alle Schauspieler und Schauspielerinnen kommen nach vorne, halten sich an den Händen, verbeugen sich und bedanken sich für die Aufmerksamkeit.


Autor(a): Scheila dos Santos Dreher
Âmbito: IECLB
ID: 38739
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