Jakob und Esau ­– eine Reise der Versöhnung

Bibelarbeit zum Schwerpunktthema der 6.Tagung der 12. Synode der EKD in Dresden

11/11/2019


Bibelarbeit zum Schwerpunktthema der 6.Tagung der 12. Synode der EKD in Dresden
 
Rev. Dr. Elaine Neuenfeldt, ACT Alliance Gender Beauftragte, Genf
 
Jakob und Esau ­– eine Reise der Versöhnung
 
1) Die Herausforderung der Versöhnung im Alltag
 
In unserer heutigen Zeit konkret über Frieden und Versöhnung zu sprechen, ist eine herausfordernde Aufgabe. Angesichts der aktuellen Realität, die von Hass und Gewalt erfüllt ist, ist es nicht einfach, Versöhnung und Frieden zu erreichen. Hassreden werden als „Meinungsfreiheit“ empfunden. Ausgrenzung und Diskriminierung aufgrund der sozialen Zugehörigkeit, der wirtschaftlichen Situation und der Geschlechteridentitäten der Menschen werden in einigen Kontexten zur Normalität; manchmal geschehen sie im Namen der Religion oder werden durch sie gerechtfertigt.
 
Eine fundamentalistische Religionsauslegung bietet eine Plattform für gewalttätige und extremistische Praktiken: Religion und Glauben werden als Waffen benutzt (oder missbraucht), um diejenigen auszuschließen und zu eliminieren, die nicht einer bestimmten sozialen, wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Ordnung entsprechen. Theologische Positionen und Glaubensüberzeugungen, die zu Trennung, Verurteilungen und Diskriminierung führen, müssen ständig befragt und diskutiert werden. Wenn der Glauben dazu benutzt wird, die Welt in „wir“ und „die da“, in „wir, die Guten“ und „die da“, die Schlechten“ zu trennen, sollten unsere Antennen ausgefahren werden, um zu erkennen, dass der Glaube instrumentalisiert wird.
 
2) Wie kann man in einem solchen Kontext Versöhnung denken?
 
Wie können wir über Werte und Überzeugungen sprechen, die Frieden, Akzeptanz und Integration fördern, und diese mit Glaubenspraktiken verbinden? Was kann uns ein alter Bibeltext wie die Geschichte in 1. Mose 25 von Jakob und Esau über versöhnte Beziehungen in der Gegenwart erzählen?
 
Ich lade Sie ein, einer Reise der Versöhnung zu folgen ­– und damit meine ich nicht nur die Begegnung als einzelnes Ereignis, wie es in 1. Mose 33, 1-6 geschildert wird. Auf dieser Reise möchte ich einige Schritte vorschlagen, die eine versöhnte Beziehung mit Gott und dem Nächsten fördern.
 
Der Streit zwischen Esau und Jakob beginnt bereits im Mutterleib. In 1. Mose 25 erfahren wir, dass Rebecca keine gute Schwangerschaft hat, sie leidet. Sie fragt Gott, warum sie diese Schwangerschaft als Mühe und nicht als gesegnete Zeit erfahren muss. Die Antwort ist, dass sie zwei Nationen in ihrem Leib trage. Die beiden Völker, die sie gebären werde, würden gespalten sein; das eine Volk werde dem anderen überlegen sein, und der Ältere werde dem Jüngeren dienen (1. Mose 25, 23). Und so besteht die Geschichte von Jakob und Esau aus Streit, Wettbewerb und Spaltung – Frieden gibt es keinen. Das brüderliche Verhältnis wird als Kampf und Konflikt erlebt.
 
Der Konflikt gipfelt im Verlust des Erstgeburtsrechts und des damit verbundenen Segens.
 
Jakob wird als ruhig und sympathisch beschrieben. Esau wird vom Aussehen her als rötlich dargestellt – die Ikonographie zeigt ihn braun oder sogar schwarz ­und behaart, womit impliziert wird, dass er ungehobelt ist.
 
Und so haben wir aus dieser biblischen Geschichte gelernt: Jakob ist immer der mit der helleren Haut und ein guter Mensch. Esau hingegen ist immer der mit der dunkleren Haut, ist behaart und ein schlechter oder grober Kerl. Er ist weder freundlich noch intelligent.
 
Dieser Interpretationsansatz des Textes ist sehr kolonial. Er beeinflusst auch unsere Interpretation dieser Geschichte von der Begegnung der beiden Brüder und unser Verständnis von Versöhnung. Ohne eine Machtanalyse können hier Wort und Tat viel Schaden anrichten.
 
Versöhnung bedeutet etwas anderes für einen armen Menschen, dessen Rechte verweigert werden, der in einer sozial und politisch gebeutelten Region in Afrika oder Lateinamerika lebt und nicht in der Lage ist, bessere Arbeitsbedingungen auszuhandeln. Oder für den kapitalistischen Manager eines internationalen Unternehmens, der für die Verhandlung über Grund und Boden verantwortlich ist, um zum Beispiel eine Minenfirma in Peru zu gründen; oder für eine Frau, die sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt von ihrem Partner erleidet, der zugleich der einzige Versorger oder Geldverdiener in der Familie ist. Kann in diesem Fall Versöhnung gleichbedeutend sein für privilegierte und ihrer Rechte beraubte Menschen? 
 
Wie kann man das dekonstruieren? Erstens müssen wir verstehen, worin der Konflikt besteht, was die Ursachen sind, warum Versöhnung notwendig ist und wie sie stattfinden kann. Was bedeutet Versöhnung und welche Schritte müssen die Beteiligten unternehmen auf dem Weg zu einer wirklichen Versöhnung?
 
3) Was sind die Ursachen für Konflikt und wie geht man damit um, um Versöhnung herbeizuführen?
 
Es ist verlockend, sozusagen die „Dual-Gläser“ anzubehalten und die Geschichte dieser beiden Brüder polarisiert zu lesen. Eine solche Interpretation gibt Raum für fundamentalistische Konstrukte und trennt in „wir, die Guten“ und „sie, die Bösen“. Jakob, der Gute, der Besonnene, der weiß, wie man Chancen nutzt; Esau, der Behaarte und Farbige, der Taktlose, der sich nicht darum schert, was ihm im Leben geschenkt wird. Aber diese Dichotomie hat so viel Schaden angerichtet, hat Rassismus und Diskriminierung gerechtfertigt und hierarchische Machtverhältnisse gefestigt. Jakob wurde als eine Nation, Israel, interpretiert und Esau als das andere Volk, die Edomiter, mit dem Israel im Konflikt war. Dadurch wurden Machtverhältnisse nicht nur zwischen Individuen, sondern auch zwischen Gruppen, Völkern und Nationen gerechtfertigt.
 
Betrachten wir also diesen Konflikt zwischen den beiden Brüdern, der eine Metapher für einen Konflikt zwischen zwei Nationen war, auf komplexere Weise.
 
In der Regel heißt es, dass Esau sein Erstgeburtsrecht für einen Teller Linsensuppe verkauft hat (ich kann mir vorstellen, dass es eine Feijoada war, eine gute brasilianische schwarze Bohnensuppe).
 
Was aber, wenn wir die gleiche Szene aus einem anderen Blickwinkel betrachten?
 
Esau, der Jäger, kommt ohne ein Produkt seiner Arbeit – ohne Wild – nach Hause. Vielleicht gibt es eine Zeit der Knappheit, und aufgrund dieses Mangels ist er hungrig. Jakob nutzt dies als Gelegenheit, um das auszuhandeln, was er von seinem Bruder am meisten will: das Erstgeburtsrecht. Und was benutzt er als Mittel dafür? Essen! Nun, wenn jemand hungrig ist, ist es einfach, von ihm das zu bekommen, was man will. Jakob benutzt Lebensmittel und Rechte als Handelsgüter. Er verhandelt von seiner privilegierten Position aus mit jemandem, der in diesem Moment aufgrund des Hungers machtlos ist. Esau antwortet: „Siehe, ich muss doch sterben; was soll mir da die Erstgeburt?“ (1. Mose 25,32)
 
Die Auslegungsgeschichte hat die Botschaft so vermittelt: Esau verachtet seine Rechte, er verschmäht Gottes Geschenk, zuerst geboren zu sein. Die Erzählung selbst und die Interpretation gaben Esau in der Regel die Schuld dafür, dass er sein Recht für so wenig eingetauscht hatte – für einen Teller Linsensuppe.
 
Es ist so verbreitet koloniale Interpretationen über Armut vor allem im Globalen Süden zu hören, die mangelnde Bildung und fehlendes Wissen als Schande zu beurteilen. Dieses koloniale Verständnis macht die Armen für ihre Armut und den Mangel an Chancen verantwortlich, anstatt ein System zu sehen, das darauf ausgerichtet ist, Ausgrenzung und Diskriminierung zu erzeugen.
 
4) Aber... was ist mit Jakobs mangelnder Solidarität?
 
Sein Bruder ist hungrig. Doch anstatt ihm Essen zu geben und zu teilen, was er hat, treibt Jakob Handel mit dessen Verletzlichkeit. Diese Gier führt Jacob zum nächsten Schritt: Er schmiedet einen Plan mit seiner Mutter Rebecca, um sich Esaus Erstgeburtssegen zu erschleichen. Wieder nutzt er die Hinfälligkeit seines alten Vaters aus und verkleidet sich, um den Platz seines Bruders einzunehmen und sich damit dessen Rechte anzueignen. Dadurch erreicht der Konflikt seinen Höhepunkt. Jakob ist gezwungen, in ein anderes Land zu fliehen. Esau hasst ihn und will ihn töten.
 
Die Geschichte ist durchzogen vom grenzenlosen Begehren und von den Täuschungsmanövern, um den Preis zu bekommen. Rivalität entsteht durch gierige und begehrliche Wünsche, durch Täuschung und Betrug. Wie kann man in diesem Durcheinander die Geschichte der Versöhnung dieser beiden Brüder sehen? Was kann Versöhnung bedeuten?
 
5) Die Versöhnungsreise
 
In den vielen Jahren seiner Abwesenheit arbeitet Jakob für seinen Schwiegervater Laban in einem fremden Land. Er arbeitet, um eine Familie zu gründen, wird von seinem Schwiegervater betrogen und bekommt zuerst die ältere Schwester Lea mit den sanften Augen. Für weitere sieben Jahre Dienst kann er auch Rachel heiraten, die er liebt. Dennoch scheint sein Leben nicht friedlich zu verlaufen. Er muss mit der Familie und den Herden fliehen, denn Laban hat sie nicht gut behandelt; er hat versucht, Jacobs Arbeit auszunutzen. So reist die ganze Familie ab – doch, und das scheint zu einer Tradition zu werden, nicht ohne einen weiteren Betrug: Rachel stiehlt den Hausgott, der das Haus beschützt und es mit Reichtum segnet.
 
6) Aufarbeitung und Umgang mit Erinnerungen
 
Jakob scheint ein neues Leben beginnen zu wollen und kehrt an den Ort zurück, an dem er geboren worden ist und wo der Konflikt mit seinem Bruder stattgefunden hat. Aber er weiß, dass er nicht neu beginnen kann, ohne das Problem der Vergangenheit zu lösen. Die Erinnerungen, die ihn heimsuchen – eine konfliktreiche Kindheit, eine brüderliche Beziehung in Rivalität und Kampf – werden nicht verschwinden, wenn er sich nicht der Verantwortung stellt und damit auseinandersetzt.
 
Die Reise der Versöhnung beinhaltet also auch eine Aufarbeitung der Erinnerungen an die Vergangenheit. Man muss sich ihnen stellen und damit umgehen. Man muss den Blick heben, um die Person zu sehen, der Leid und Schmerzen zugefügt wurden; die wir mit unserer Gesinnung verletzt haben und die durch das System ausgegrenzt und diskriminiert wurde.
 
In Lateinamerika haben wir diesen Prozess durchlaufen und Rechenschaft über die Erinnerungen an die Vergangenheit abgelegt. Unsere Erinnerungen sind von Schmerz und Leid, von Verfolgung und Gewalt der Militärdiktatur geprägt. Das Leben als Brasilianerin in Mittelamerika hat mich gelehrt, „zu verzeihen, aber nicht zu vergessen“ – perdonar pero no olvidar. Niemand kann die Vergangenheit vergessen oder leugnen. Der Heilungsprozess muss die Vergangenheit wieder aufgreifen, aber man sollte darin nicht verhaftet bleiben. Vergebung bedeutet, diese schmerzhaften Erinnerungen erneut zu durchleben, aber sich davon nicht gefangen nehmen zu lassen. Wenn man Versöhnung anstrebt, bedeutet das, dass man sich mit Themen auseinandersetzen muss, die schmerz- und qualvoll zurückkehren. Das Erinnern ist eine Gratwanderung. Es geht darum, nicht zu erlauben, dass man am Vorwärtsgehen gehindert wird.
 
Um eine Verbindung zum Thema herzustellen, das auf dieser Synode diskutiert wird: „Auf dem Weg zu einer Kirche der Gerechtigkeit und des Friedens” möchte ich uns an die entscheidende Rolle der Kirchen erinnern, die sie bei der Schaffung eines gerechten Friedens einnehmen. Kirchen und auf Glauben beruhende Organisationen arbeiten auf Gemeindeebene und haben die wichtige Rolle, das soziale Gefüge in Zeiten von Konflikten wieder aufzubauen. Kirchenleitende Personen können auf soziale und kulturelle Überzeugungen einwirken und können vertrauensvolle Stimmen beim Aufbau von Brücken zwischen verschiedenen Gruppen sein. Glaubensgemeinschaften versammeln Menschen unterschiedlicher Zugehörigkeit und können Katalysatoren verschiedener Interessen sein. Glaube ist ein starkes Element, das den Menschen hilft, Hoffnung zu bewahren und Leben neu aufzubauen.
 
Welche Erinnerungen müssen Sie aufarbeiten? Welche Situationen gibt es in Ihrem eigenen Leben, in Ihrer Familie und Gemeinschaft, die es zu bewältigen gilt, über die Rechenschaft abgelegt werden muss, damit ein Heilungsprozess durchlaufen werden kann?
 
7) Bevor wir dem Bruder begegnen, müssen wir Gott begegnen!
 
Während der Versöhnungsreise gibt es eine weitere starke, kraftvolle und rätselhafte Begegnung. In der Nacht, bevor er seinen Bruder trifft, ist Jakob am Fluss und ringt mit jemandem. Voller Erinnerungen und voller Angst vor dem, was am nächsten Tag auf ihn zukommt, erlebt sein Körper das Ringen mit einem Fremden, den er als Gott erkennt. Jakob bittet wieder um den Segen, und er nennt den Ort in Erinnerung an die Begegnung Pnuël – „denn ich habe Gott von Angesicht gesehen“. Um das Gesicht seines Bruders Jakob zu sehen, musste er zuerst in das Angesicht Gottes schauen! Versöhnung ist eine spirituelle Reise des Gebets und des Dialogs mit Gott. Sie ist von der Barmherzigkeit Gottes geprägt, die uns aufbrechen lässt, um den anderen zu finden.
 
Schweigeminute zum Beten, um die Gegenwart Gottes, all unseres Schmerzes, der Leiden der Menschen, mit denen wir arbeiten und leben, einzubringen.
 
8) 1. Mose 33,1-17 erzählt von diesem Moment der Versöhnung.
 
Die Begegnung ist voller Gefühle und Körpersprache. Jakob kommt mit seiner ganzen Familie, seinen Frauen, Kindern und Herden. Vielleicht ist das der einzige Weg, wie er seinen Bruder beeindrucken kann – als ob er sagen würde: „Schau, Esau, was ich mit dem Segen gemacht habe, den ich dir gestohlen habe! Der Diebstahl hat sich gelohnt! Ich bin an Zahl, Alter und Reichtum gewachsen.“
 
Siebenmal verbeugt sich Jakob. Die Sieben ist eine so mächtige Zahl. Wie oft muss man seinen Brüdern, seinen Schwestern vergeben? 7x7 Mal... (Nun, als Brasilianerin erinnere ich mich noch an eine weitere Sieben: als Deutschland den brasilianischen Fußball bei der Fußballweltmeisterschaft 7:1 geschlagen hat!!! Aber sprechen wir jetzt nicht über diesen unglücklichen Vorfall.
 
Das Verbeugen ist ein Zeichen der Anerkennung von Esaus Autorität, ja sogar seiner Überlegenheit. Jakob nennt Esau „mein Herr“, während Esau zu Jakob „mein Bruder“ sagt.
 
Esau läuft Jakob entgegen, er ruft ihn bei seinem Namen, umarmt ihn, fällt ihm um den Hals und küsst ihn.
Beide weinen.
 
Welch emotionale Szene. Voller Liebe, Reue, Zärtlichkeit und Verletzlichkeit. Sie lässt keinen Raum, um Vergangenes in den Vordergrund zu stellen, denn der einzige Wunsch der Brüder ist es, sich zu umarmen und zu versöhnen. Die schmerzhafte Vergangenheit ist immer noch da, aber sie ist kein Hindernis für Versöhnung, Willkommen und Akzeptanz. Versöhnung bedeutet den Verzicht darauf, Erinnerungen an Vergangenes in den Vordergrund zu rücken. Unsere Vernunft wendet manchmal ein, dass man zuerst über die Vergangenheit sprechen muss, über das, was passiert ist. Dann muss man es reinigen und lösen – und erst dann kann man sich umarmen. Doch es scheint, dass bei einem Versöhnungsprozess Worte und Diskussionen nicht so sehr im Vordergrund stehen. Er findet mit Armen, dem Körper, Gefühlen und Emotionen statt; dadurch entsteht Raum für Heilung und Begegnung.
 
Dann erst kann Jakob zustimmen: wirklich, in Dein Gesicht zu sehen ist wie in Gottes Gesicht zu schauen. Gottes Gesicht offenbart sich im Angesicht des versöhnten Bruders. In der Liebe zu deinem Bruder, deiner Schwester, deinen Nachbarn siehst oder erkennst Du wahrhaftig Gott.
 
In diesem Moment ist die gesamte Familie in die Versöhnung der beiden Brüder eingeschlossen. Frauen und Kinder tauchen auf, kommen um diesen Moment zu erleben und festzuhalten. Sie sind diejenigen, die unter Krieg und Konflikten am meisten leiden. Sie drängen darauf, Versöhnung stattfindet.
 
Worte kommen erst später dazu, beim Dialog über Geschenke und Opfergaben. Auch hier erwartet Esau keine Wiedergutmachung, keine materiellen Güter, um die Verletzung in der Vergangenheit zu kompensieren. Esau sagt, er besitze genug. Wir erfahren nicht, wie viel er hat, aber für ihn ist es genug.
 
Noch ein letztes Wort zu den Geschehnissen nach der Begegnung: Esau bietet seine Gastfreundschaft an. Jakob ist nicht darauf vorbereitet, seinem Bruder zu folgen. Er sagt, dass sie sich in Seir, im Süden, wo Esau lebt, wieder treffen würden. Aber Jakob geht nach Norden, nach Sukkot, und lässt sich dort nieder. Ja, schon wieder lügt Jakob seinen Bruder an. Er geht in eine andere Richtung, als er gesagt hat. Vielleicht muss er das tun. Vielleicht fühlt er, dass er es tun kann. Im Text steht nicht, ob Esau deswegen traurig oder enttäuscht ist. Vielleicht ist Versöhnung so: ein Kommen und Gehen in Vertrauen und Angst, in Vertrauen und Unsicherheit. Inmitten dieser Ängste und Zweifel bietet Gott Gnade und Barmherzigkeit an; obwohl Jakob einen hinterhältigen Charakter hat, ist er weiterhin von Gott gesegnet und mit seinem Bruder versöhnt.
 
Versöhnung ist eine Reise, kein Ereignis. Es muss eine Bewegung sein, die immer wieder stattfindet, denn die Menschen sind sündhaft und ihre Beziehungen sind zerrissen. Versöhnung ist eine Bewegung, ein Lernprozess, in dem wir lernen, geben und empfangen, offen sein und etwas darreichen müssen. Sie ist wie ein Tanz.
 
9) Ein Gedicht
 
Worte des arabisch-christlich-palästinensischen Schriftstellers Elias Chacour[1]:
Das wahre Ebenbild ist dein Nächster, der Mensch, der nach dem Bild und in der Gestalt Gottes geschaffen wurde. Wie schön ist es, wenn sich unsere Augen verwandeln und wir sehen, dass unser Nächster das Ebenbild Gottes ist, und dass du, und du, und ich – wir alle – Ebenbilder Gottes sind. Wie schlimm ist es, wenn wir das Bild Gottes hassen, wer auch immer es ist, ob Jude oder Palästinenser. Wie schlimm ist es, wenn wir nicht hingehen und sagen können: „Es tut mir leid, dass das Ebenbild Gottes durch mein Verhalten verletzt wurde.“ Wir alle müssen verwandelt werden, damit wir die Herrlichkeit Gottes ineinander erkennen können.
 
10) Eine Bewegung
 
·      Laden Sie die Menschen ein, aufzustehen und die Hände in eine Gebetsposition zu legen: /
·      Dann laden Sie die Menschen ein, ihre Hände so zu öffnen, dass die Fläche der linken Hand nach oben zeigt (empfangen) und die Fläche der rechten Hand nach unten (geben).
·      Wenn alle wollen und sich wohl damit fühlen, laden Sie jeden ein, die Nachbarn an der Hand zu fassen – erleben Sie die Bewegung wie einen Tanz des Gebens und Empfangens.
·      Dabei können Sie Musik laufen lassen.
 
[1] Quellenangabe für die englische Version des Gedichts: Elias Chacour: We Belong to the Land, Collegeville: University of Notre Dame Press, 2001, S. 46-47; aus: CLARE AMOS. Christ is our reconciliation: a scene from an icon of peace. Rethinking mission. 2005. S. 29.
 


Autor(a): Elaine Neuenfeldt
Âmbito: IECLB
ID: 54697
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Meu Deus e meu Rei, eu anunciarei a tua grandeza e sempre serei grato a ti. Todos os dias, te darei graças e sempre te louvarei.
Salmo 145.1-2
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