Vida Celebrativa - Ano Eclesiástico


ID: 2654

Alle sind bei Gott willkommen.

Mathäus 2.1-12

06/01/2018

 

Liebe Hörerin, lieber Hörer, die Geschichte von den drei weitgereisten Männern haben wir schon oft gehört, gelesen, oder vielleicht auch in dem ein oder anderen Film gespielt gesehen. Was wir bei all dem leicht übersehen, ist die Tatsache, wie sehr sich christliches Brauchtum und die biblische Geschichte vermischen und wie bei diesem Prozess mindestens ein Teil der biblischen Botschaft verloren geht.
Das beginnt schon mit den Titeln, die den dreien zugesprochen werden: Könige, Weise, Sterndeuter, Magier, oder auch Mischungen davon. Dabei lässt das im griechischen Original verwendete Wort die Übersetzung „Könige“ gar nicht zu. Am Nächsten kommen die Begriffe „Weise“ und „Sterndeuter“, oder in unserem modernen Sprachgebrauch „Wissenschaftler“, gelehrte Menschen, die sich mit Naturerscheinungen beschäftigen und deren Bedeutung für das Hier und Jetzt erkennen und erläutern wollen.
Halten Sie solche Unterscheidungen bitte nicht für unnötige Sprachklauberei. Wären es wirklich Könige gewesen, die zu König Herodes in Jerusalem kamen, dann hätte ein nach allen Regeln der damaligen Kunst entsprechender Empfang am Hof organisiert und durchgeführt werden müssen; bei ein paar unbekannten Sternforschern konnte sich Herodes im Geheimen mit ihnen treffen und seine persönlichen, nicht gerade freundlich gesinnten, Nachforschungen anstellen.
Und noch ein Detail: Dass Könige sich gegenseitig besuchen, wenn einem anderen ein Nachfolger geboren wird, das kennen wir auch aus unseren Tagen. Und vielleicht hätte Herodes seinen Königskollegen einfach sagen können, dass es sich da um ein Missverständnis handelt; dass an seinem Königshof in letzter Zeit kein Kind geboren wurde. Aber da tauchen drei wildfremde Männer auf, sagen sie seien weitgereiste Gelehrte aus dem Osten, wo zur damaligen Zeit wirklich eine wissenschaftliche Hochburg existierte, und fragen nach dem neugeborenen König – von dem Herodes eben nichts weiß –, das ist schon mehr als merkwürdig. Denn zum einen war es für normale Menschen nicht nur gefährlich, eine Reise von mehr als 1.000 Kilometern anzutreten, es war auch extrem teuer und langwierig, und dann fragen sie auch noch nach einem neuen König der Juden. Das ist ein direkter Angriff auf den Thron von Herodes, der kein direkter Nachfahre der früheren Könige von Israel war, sondern ein von Rom eingesetzter Statthalterkönig, der ständig in Intrigen mit seinen Söhnen und anderen verwickelt und im Volk alles andere als beliebt war.
Für ein annähernd richtiges Verstehen und Deuten unseres Bibeltextes sind also auch Kleinigkeiten wichtig und Aspekte, die uns stutzen und neu nachdenken lassen; Aspekte, die vielleicht eine Frage aufwerfen, deren Antwort nicht sofort gegeben werden kann; Aspekte, die bei einer flüchtigen Lektüre oder aufgrund späteren Brauchtums schlicht verborgen bleiben können.
Fassen wir also zusammen: Der Evangelist Matthäus erzählt von Wissenschaftlern, die nach vielleicht Jahrzehnte langem Studium zu der Überzeugung gekommen sind, dass den Juden ein neuer König geboren wurde. Als Gelehrten war ihnen wahrscheinlich bekannt, dass die Thronfolge der Juden schon seit etwa 600 Jahren, seit dem Exil in Babylon – wo sie wahrscheinlich herkommen –, nicht mehr existierte. Und nun soll aus der alten Dynastie ein neuer König geboren werden. Wie kommen diese Männer zu ihrer Überzeugung? Durch das Beobachten der Bewegung der Sterne und Planeten, die – wie wir heute wissen – eben in den Jahren um die Geburt von Jesus herum eine nahezu einmalige Konstellation bildeten. Für die damalige Zeit ein wirklich sehr bedeutsamer Hinweis auf ein herausragendes Ereignis.
Und nun stehen sie also in Jerusalem, nicht weil der Stern ihnen direkt vorangezogen war; nein, weil Jerusalem die Hauptstadt der Juden ist. Und wo anders sucht man den neuen Erbfolger, wenn nicht im Königspalast? Sie wollen, so sagen sie den verdutzten Beamten, den neugeborenen König der Juden sehen und ihn huldigen, wie sich das eben gehört.
Aber das ist schon wieder so ein Detail: Gehört es sich eigentlich für Menschen aus einem anderen Land, mit einem anderen Glauben, einer anderen Religion, jemanden zu huldigen, zu ehren und anzubeten, mit dem sie nun wirklich direkt nichts zu tun haben?
Das ist, als wenn plötzlich, ohne jede Vorankündigung, ohne jeden vorhergehenden Kontakt – für uns heute schon gar nicht mehr vorstellbar, wo wir doch alles, was auf der Welt passiert, sofort auf dem Handy haben –, also wenn da jemand kommt, ohne dass vorher etwas gesagt oder berichtet wurde, und verehrt einen neuen Herrscher, einen neuen Religionsgründer – was Jesus ja später geworden ist. Es ist, als ob Christen und Muslime, Hindus und Buddhisten, Indigene Völker aus Lateinamerika und Afrika, eben Menschen unterschiedlicher Religionen, plötzlich und ohne jede Vorankündigung die jeweils andere Religion anerkennen und verehren – ohne Krieg, ohne Gewaltanwendung, einfach aus Überzeugung.
Für uns Deutsch sprechende Menschen, die fast ausschließlich aus einer weiß dominierten und konstruierten Kultur stammen, ist es ja bis heute schwierig, sich vorzustellen, ob es etwas für unseren Glauben bedeuten würde, wenn Jesus immer so dargestellt worden wäre, wie es seiner geographischen Herkunft entspricht – als eher dunkelhäutiger, dunkeläugiger, schwarzhaariger Palästinenser, Jordanier, Israeli, Libanese oder Iraker.
Liebe Hörerin, lieber Hörer, verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Ich will hier weder Vorstellungen unseres Glaubens zerstören, noch die biblische Botschaft auf natürliche oder ausschließlich wissenschaftliche Erkenntnisse reduzieren. Aber gerade die Geschichte von den Weisen aus einem weit im Osten gelegenen Land, die nach Jesus suchen, ihn finden und anbeten und dann von Engeln Gottes auf einem anderen Weg nach Hause geschickt werden, trägt eine Botschaft in sich, die viele herkömmliche Vorstellungen über den Haufen wirft: Wildfremde Menschen, die einem oder mehreren anderen Völkern angehören; die eine andere Religion, andere Götter haben; die bisher noch nie direkt vom Gott der Bibel gehört oder gelesen haben – denn es sind ja erst die Schriftgelehrten in Jerusalem, die sie nach Bethlehem schicken –, diese Menschen also machen sich auf den Weg in ein fremdes Land und suchen ein neugeborenes Kind, das später zum Retter der Welt werden wird.
Da ist schon Vieles drin in dieser Geschichte, was sich nicht einfach und logisch erklären lässt. Aber deshalb einfach zu sagen: Es war Gottes Wille – was es wohl wirklich wahr –, das bringt uns das ganze Ausmaß an Ungewöhnlichem nicht näher.
Es ist aber wichtig, dass wir verstehen, was uns Gott mit dieser Geschichte sagen will. Und es ist dann auch nicht so kompliziert und schwierig, wenn wir uns – wie eben gemacht – die äußeren Umstände genauer ansehen. Was Gott uns sagen will, so deuten es heute alle Theologen, ist: Der Glaube schließt nicht aus, sondern ein. Jesus ist nicht nur für uns Christen geboren worden. Er lebte zum Heil aller Menschen – eben auch der schwarzen, roten und gelben, nicht nur für uns Weiße.
In der heutigen Welt und Zeit, in der immer mehr Menschen unterschiedlicher Herkunft, unterschiedlichen Glaubens, unterschiedlicher Hautfarbe in ein und demselben Land leben, ist es unerlässlich, dass wir aufeinander zugehen, dass wir uns gegenseitig akzeptieren, dass wir gemeinsam die Aufgaben und Probleme lösen, denen wir uns gegenübersehen. Jeder nur für sich und gegen andere, das ist nicht der Lösungsvorschlag Gottes. Gott will vielmehr, dass wir das Gemeinsame sehen und nicht auf die Unterschiede fixiert bleiben. Gott will, dass wir aufeinander zugehen, dass wir uns gegenseitig achten und respektieren; dass wir voneinander lernen, das Leben gemeinsam gestalten – ohne dabei die eine Basis unseres Glaubens zu verleugnen: Die bedingungslose Liebe Gottes in Jesus, dem Christus. Die gilt es zu bewahren, gerade auch weil sie für alle Menschen dieser Erde gilt.
„Es kamen aber weise Männer aus dem fernen Osten, die suchten den neugeborenen König der Juden, um ihn anzubeten.“
Amen.
 

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