Brasilianische Kirchenmusik aus drei Jahrhunderten
Coro Ars Sacra - Blumenau/SC
Seite 1: Musik aus dem brasilianischen Barock
1. Manoel Dias de Oliveira (18. Jahrhundert?)
Miserere mei, Deus, secundum magnam miserioordiam tuam
Gott sei mir gnädig nach deiner Güte (Psalm 51, 3 -4)
2. José Mauricio Nunes Garcia (1767-1830)
Judas mercator pessimus, nach Strophe 4 und 5 des ‘’Hymnus „Hymnum dicamus domino’’
Drei Motetten - Judas der böse Händler
3. Domine Jesu te desidero
Nach dir, Herr Jesus, verlangt mich
4. Hodie nobis de coelo pax vera descendit
Heute kam vom Himmel der wahre Friede
Text des 2. Responsoriums aus der Weihnachtsmatutin
5. Luiz Alvares Pinto (1719-1798)
a. Te Dominum confitemur
b. Tibi omnes angeli
c. Sanctus Dominus
d. Te martirum candidatus
e. Patrem immensae majestatis 1. In te, Domini, speravi
Sechs Motetten aus dem Te Deum
Auf dich trauen wir, Herr
Dein sind alle Engel
Heiliger Herr
Dich lobt das Heer der Märtyrer
Vater der ewigen Herrlichkeit
Auf dich, Herr, hoffe ich
Seite 2: Neue brasilianische Kirchenmusik
6. Jaci C. Maraschin (1974) 0 Ela era pobre e silenciosa
Choralmotette zum Magnificat Sie war arm und still
7. Micaela Berger (1977) Dizei aos cativos: „Sai!
Choralmotette Sagt den Gefangenen „Geht heraus
8. Nabor Nuner (1974)
Vater unser aus dem Sertão
9. Ernst Mahle (1976) Ó Senhor, faze de mim instrumento da tua paz
Friedensgebet, dem Franziskus zugeschrieben - Herr, mache mich zum Werkzeug deines Friedens
10. Oscar Zander (1962)
Contudo já em nós mesmos tivemos a sentença de morte
Epistelmotetten Wir hielten es bei uns selbst für beschlossen, daß wir sterben müßten
11. Henrique de Curitiba Morozowicz (1966)
a. Senhor, tem piedade
b. Santo é o Senhor
c. Hosanna nas alturas
d. Cordeiro de Deus
Missa breve
Herr, erbarme dich
Heilig ist der Herr
Hosianna in der Höhe
Christe, du Lamm Gottes
Kirchenmusik in Brasilien
Seit dem 21. April 1500, dem Tag der Entdeckung Brasiliens, ist die brasilianische Kirchenmusik bis in unsere Zeit durch das Abenteuer, durch sporadischen Reichtum und den immer wiederholten Versuch, eigene und bodenständige Musik zu schreiben, charakterisiert.
Sprechen wir einmal von evangelischer Kirchenmusik in der Frühzeit. Der erste evangelische Choral, gesungen von Hans Staden im Jahr 1549, soll nach dessen ‘’ Historia und Beschreibung einer Landschaft der Wilden’’ vor den Tupinambás erklungen sein: der Lutherchoral ‘’Aus tiefer Not schrei ich zu dir’’; nach dem Bericht des Entdeckungsreisenden habe das Lied die ‘’wilden Indianer’’ zur ‘’Sanftmut’’ geführt.
1556 kommt eine erste Gruppe von elf Hugenotten im Rahmen des französischen Versuches, eine ‘’Französische Antarktis’’ zu gründen, nach Brasilien. Zu Beginn wurde den Hugenotten erlaubt, ihre reformierten Gottesdienste abzuhalten; am 10. März 1557 erklang zum Beginn des ersten reformierten Gottesdienstes der Psalm 5 aus dem Hugenotten-Psalter. Aber schon 1558 wurden die Hugenotten aus der französischen Antarktis verbannt, ihre Führer wurden am 9. Dezem-ber 1558 um ihres Glaubens willen ermordet.
1630 kamen die Holländer nach Nordost-Brasilien, um die spanische Seeübermacht zu brechen. Am 14.2. wird vor dem Hafen von Recife ein Dankgottesdienst gehalten, dessen Predigttext durch den gesungenen Psalm 140 eingerahmt wurde: ‘’O Herr, vorlos mij uit de banden’’. In Recife wurde erstmals auch Kirchenmusik gepflegt; aber mit der Rückkehr des holländischen Kolonialherren, des Prinzen von Nassau, ging auch dieser Teil der Geschichte evangelischen Bekennens in Brasilien zu Ende.
Brasilianische Kirchenmusik, im Land selbst entstanden, beginnt ihren Aufschwung ein Jahrhundert später. Es ist die Zeit reicher Goldfunde in Minas Gerais, die Zeit des brasilianischen Barock, der kennzeichnender Weise ‘’barocco mineiro’’ - Barock aus Minas Gerais - heißt. Reiche Grund- und Grubenbesitzer konnten ihre eigenen Kirchen bauen und kunstvoll ausschmücken; sie unterhielten Chöre und Orchester und unterstützten Komponisten. In diesen Musikern, großenteils Sklaven oder Mischlingen, trat eine erstaunliche Musikbegabung zutage. Mit der Sklavenbefreiung im 19. Jahrhundert endete dieser Aufschwung geistlicher Musik.
Die ehemaligen Sklaven musizierten nun ihre eigene afrikanische Melodik, mischten sie mit alten Kirchentonarten - und dieser Weg führt bis zum heutigen ‘’Samba’’, der oft, erstaunlich genug, in der mixolydischen Kirchentonart erklingt.
Die moderne Kirchenmusik in Brasilien versucht, diesem Erbe gerecht zu werden. Afrikanische und indianische Rhythmik wird verwoben mit kirchentonartticher Melodik. Nachdem die Evangelische Kirche Lutherischen Bekenntnisses in Brasilien ein Institut für Kirchenmusik gründete, wird der Versuch intensiviert, neben dem traditionellen europäischen Choral-Gut eigene Gemeindemusik zu schaffen. Jährlich steilt das Institut für Kirchenmusik den Gemeinden zwanzig bis dreißig neue Kirchenlieder vor; einige davon werden auf dieser Platte vermittelt.
Der Chor ARS SACRA wurde 1975 gegründet und dem Institut für Kirchenmusik angegliedert. Als experimenteller Chor stellt er die Lieder und Choräle vor, die das Institut für Gemeinden und Chöre herausgibt. Außerdem versuchen Chor und Institut, sich an der Erforschung älterer Kirchenmusik zu beteiligen.
Der in Brasilien vielerorts auftretende Chor wurde von der Evang.-Luth. Kirche in Bayern zu den Feiern zum 450. Jubiläum des Augsburger Bekenntnisses ins Mutterland der Reformation eingeladen. Dieser Kirche widmet er die vorliegende Platte mit alter und neuer geistlicher Musik aus dem größten Land Lateinamerikas.
Frank Graf
Es singen: Sady Augsburger, Ida Alexandra Dirksen, Wessel Peter Dirksen, Erika Flesch, Jose Flesch, Beate Frank, Ingeborg Frank, Günther Giese, Anelise Graf, Ester Graf, Martina Graf, Wally Grop, Vera Guenther, Roberto Hübner, Luiz Felipe Klein, Melisse Knaesel, Liselotte Lepper, Raimund Piske, Roseli Schuenemann, Osiris Thumes
Stimmbildnerin: Roseli Schuenemann
Orgel: Martina Graf
Trompete: Raimund Piske
Kontrabaß: Luiz Felipe Klein
Gitarre: Ida Alexandra Dirksen
Querflöte: Wessel Peter Dirksen
Leitung: Frank Graf
Aufzeichnung eines Konzertes in der St.-Michaelis-Kirche Eutin am 17. Juni 1980 -Aufnahme des Norddeutschen Rundfunks
Umschlaggestaltung: Helmut Herzog
Das Foto von Ludwig Merk zeigt die Statue des Jesaja aus dem Zyklus „Die zwölf Propheten des Antönio Francisco Lisboa (1736 - 1812); die Figuren säumen den Aufgang zur Wallfahrtskirche des ‘’Guten Jesus’’ in Congonhas do Campo, Minas Gerais, Brasilien. Der Künstler erhielt wegen seiner verkrüppetten Hände und Füße den Beinamen ‘’Aleijadinho’’, auf deutsch ‘’Krüppelchen’’.
Produktion:
Internationales Musikstudio
Bayernstraße 100
8500 Nürnberg 44
Best. Nr. IMS 075
Verlag des Gustal-Adolf-Werkes
Olgastraße 8, D-3500 Kassel
Verlag der Ev.-Luth. Mission
Schenkstraße 69, D-8520 Erlangen