P. Hermann Dohms war der erste Präsident der Federação Sinodal. Nach seinem Tod in 1958 übernahm P. Ernesto Theophilo Schlieper das Amt bis 1969. In der damaligen, dezentralisierten Struktur, waren die Synoden weiterhin selbständig was Verwaltung und Rechtsfragen betraf, jedoch die Kirche übernahm kirchliche Aufgaben im Namen der Synoden, die sie bildeten. Pastor Ernesto Schlieper fiel die Aufgabe zu, den Übergangsprozess zu koordinieren.
Diese Zeit war geprägt durch intensive Arbeit der Ausbildung der Evangelischen Jugend (Schule für Führungskräfte) und von Studenten, Unterstützung der Frauenhilfe, Legião Evangélica (Männerwerk), Geistliche Musik und Erziehung (Evangelische Schulen), Einführung der Evangelischen Akademie, Bildung der Stelle für Projekte und Entwicklung durch die Dynamisierung der Diakonie, Impulse für Mission und Evangelisation, Herausgabe von Heften, Zeitungen und Radiosendungen, Stärkung der Theologischen Fakultät und Ausbildung von brasilianischen ordinierten Kirchlichen Mitarbeitern, Öffnung zur brasilianischen Ökumene, kurz, eine Vielfalt von Handlungen und Initiativen, die das Sein einer nationalen und kontextualisierten Kirche formten.
Dieser Prozess intensiver Tätigkeit erreichte seinen Höhepunkt mit der Auflösung der Synoden anlässlich des ausserordentlichen Kirchenkonzils in Santo Amaro-São Paulo/SP im Oktober 1968. Die Struktur der Kirche wurde zentralisiert, mit Sitz in Porto Alegre/RS. Nach Verabschiedung der neuen Verfassung wurde die Igreja Evangélica de Confissão Luterana no Brasil in vier Kirchenregionen und 21 Kirchendistrikte geteilt. Diese Struktur währte bis 1997.
Nach dem Tod von Pastor Ernesto Schlieper in 1969 übernahm Pastor Karl Gottschald die Präsidentschaft der Kirche. Während seiner Amtszeit sah sich die Kirche der Herausforderung gegenübergestellt, Kirche in Brasilien zu sein. Die politischen, sozialen und wirtschaftlichen Krisen im Land beeinflussten auch das Leben in der Kirche. Um diesem entgegenzutreten wurde eine Komission zur Untersuchung der sozial-wirtschaftlichen und politischen Fragen ernannt. Ihre Aufgabe war es, sich den politisch-sozialen Fragen und der Agrarpolitik zu widmen und die Kirchenleitung auf diesem Gebiet zu beraten.
Die Verlegung der 5. Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes von Porto Alegre/Brasilien nach Evian/Frankreich in 1970, als Protest gegen die Verletzung der Menschenrechte in Brasilien, löste in der Kirche eine groβe Krise aus. Das 7. Kirchenkonzil, das im selben Jahr in Curitiba/PR stattfand, fasste ein Dokument ab, genannt „Manifesto de Curitiba“ (Curitiba-Manifest), in welchem die Kirche verschiedene Thesen über das Verhältnis Kirche – Staat aufstellt, und über das Wesen des christlichen Gottesdienstes, christliche Erziehung, Ethik, Bürgerrechte und Menschenrechte reflektiert.
Anlässlich des 8. Kirchenkonzils in Panambi im Jahr 1972 wurden die „Leitlinien für das kirchliche Leben und Handeln in der IECLB – Nossa Fé – Nossa Vida (Unser Glaube-Unser Leben)“ verabschiedet. Das Leitbuch brachte Konsens über das Verständnis von Kirche, kirchlichem Amt und pastoralem Wirken. Ausserdem ergriff dasselbe Konzil Maβnahmen mit wichtigen Konsequenzen für die Zukunft der Kirche. Es schuf ein Programm zur Begleitung von Kirchenmitgliedern, die aus dem Süden Brasiliens in neue Gebiete der Kolonisation wanderten (in die Bundesstaaten Mato Grosso und Rondônia) und führte auch die Mission in Randvierteln groβer Städte in Brasilien ein (Porto Alegre, Joinville, Curitiba, São Paulo und Rio de Janeiro).
Die Feststellung der Notwendigkeit der Einbeziehung des Menschen in einen Lernprozess und ständiger Gegenüberstellung mit dem Evangelium, von welchem ausgehend die aktive Teilnahme der Menschen in der Mission Christi ermöglicht wird, sowie ein echtes Erleben der Jüngerschaft, im Zeugnis und Aufgabe in der Welt, verabschiedete die Kirche anlässlich des 9. Kirchenkonzils in 1974 ein Programm, genannt „Ständige Jüngerschaft - Ständiges Katechumenat“. Damit beabsichtigte man die Einführung eines Wirkungsprozesses der Kirche, der die Reife des Christen anstrebte, d.h., seine ganzheitliche Befreiung in Christus, damit er das Evangelium in der Gemeinschaft erlebt, was verantwortungsbewusste Handlungen in der Welt zur Folge hat. Auf diesem selben Konzil verabschiedete die Kirche ein weiteres Dokument, genannt „Unsere soziale Verantwortung“. Mit diesem Dokument wurden die Gemeindemitglieder zur sozialen Verantwortung und zum Handeln aufgerufen und motivierte sie zu einer effektiveren diakonischen Handlung in der Gesellschaft.
Gegenüber dem Mangel an Pastoren in den Gemeinden, führte die Leitung der Kirche einen Theologie-Intensivkursus ein, der sogenannten „Spät-Berufungen“ gerichtet war. Bis zu den siebziger Jahren kamen viele Pastoren aus dem Ausland. Davor war ein Abkommen mit der American Lutheran Church geschlossen worden zwecks Pastorenaustauschs. Die Ergebnisse der Ausbildung in Brasilien selbst erschienen dann in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts dank der groβen Anzahl der Studenten, die in der Theologischen Fakultät in São Leopoldo aufgenommen wurden.
Der Prozess der Redemokratisierung wirkte sich auch auf die Kirche aus. Die Debatten um die Themen wie Amnestie, Land und indigene Völker führten zu öffentlichen Erklärungen und Einführung neuer Handlungen. Die Weihnachtsbotschaft des Direktorenrates in 1978 über Amnestie, die Gründung des CAPA (Centro de Apoio ao Pequeno Agricultor – Zentrum zur Unterstützung der Kleinbauern) und des COMIN (Conselho de Missão Entre Índios – Rat der Mission unter Indianern) und die Einfügung von jährlichen thematischen Reflektionen (Jahresthemen) sind Früchte dieser Zeit.
Die theologische Vielfalt machte sich auch auf neue Art in der Ganzheit der Kirche bemerkbar. Spannungen und Konflikte erfolgten in den Gemeinden, unter ordinierten kirchlichen Mitarbeitern und ordinierten kirchlichen Mitarbeitern und Kirchenleitung. Unterschiedliche Verständnisse von Mission, Ausbildung und Rolle der Kirche in der Gesellschaft führten zu Polarisierungen. Die Bemühungen um eine Einheit in dieser Vielfalt forderte viel Energie seitens der Führungskräfte. Gegründet auf diese Vielfalt erkannte die Kirche neue theologische Ausbildungsstätten an.
Die Unzufriedenheit mit der Zentralisierung der Verwaltung der Kirche führte in den achtziger Jahren zu einer Untersuchung zwecks Neustrukturierung. Diese fand dann in 1997 statt, als Distrikte und Kirchenregionen aufgelöst wurden. Die Dezentralisierung erfolgte durch die Einführung von 18 Synoden (Dekanate).