„Gemeinsam sind wir stark!“Kennen Sie diesen Spruch? Dazu gibt es eine kleine Geschichte, die uns zeigt, dass viele kleine Schritte zu einem großen Ergebnis führen können:
Ein armer Mann kam müde und hungrig in ein Dorf. Er zog von Haus zu Haus, klopfte an die Türen, um nach etwas zu bitten: „Ich habe Hunger. Geben Sie mir bitte etwas zu essen!“ Die Dorfbewohner antworteten aber: „Ich habe nur diese Nudeln, und die brauche ich für mich selbst...“ Ein anderer sagte: „Ich habe nur diese Kartoffeln, und die brauche ich für mich selbst...“ Oder: „Ich habe nur dieses Stück Wurst, und das brauche ich für mich selbst…“. Eine Frau sagte ihm: „Ich hab nur diese Möhren, und die brauche ich für mich selbst ...“
Gott gibt uns alles, was wir brauchen. Wir sollten lernen, es zu teilen |
So ging er weiter, von Tür zu Tür, und keiner wollte mit ihm etwas teilen.
Der Mann war sehr hungrig. Aber er hatte eine Idee und sagte ganz laut: „Na, dann werde ich eine Steinsuppe kochen. Ihr seid alle eingeladen! “ Und er hob einen Stein vom Boden auf.
Die Leute aus dem Dorf lachten ihn aus: „Was? Du willst eine Steinsuppe kochen? Wie soll das gehen?“. Da sagte der fremde Mann: „Habt ihr nie Steinsuppe gegessen? Ich kann euch sagen, so eine Suppe schmeckt sehr gut!“. Sie antworteten ihm: „Dann zeig uns das mal!“
Darauf hatte der Mann gewartet. Nachdem er den Stein saubergemacht hatte, sagte er: „Könnt ihr mir einen großen Topf leihen?“
Man gab ihm einen Topf. Er fühlte ihn mit Wasser und stellte den Topf aufs Feuer. Dann legte er den Stein hinein. Der Mann begann zu rühren, und als das Wasser kochte, schmeckte er ab und sagte: „Hmmm… schmeckt schon sehr gut! Aber mit ein wenig Schmalz würde die Suppe noch besser werden.“
So ging eine Frau etwas Schmalz holen und tat es in den Topf hinein. Da probierte der Mann die Suppe und bemerkte: „Es fehlt unbedingt eine Prise Salz.“ Man gab ihm auch noch das Salz. Er schmeckte die Suppe ab und sagte: „Wenn jetzt noch ein paar Kartoffeln dazukämen, würde die Suppe himmlisch schmecken.“
Ein Junge brachte ein paar Kartoffeln und ein Mann holte eine Zwiebel von Zuhause. Es kam alles in die Steinsuppe hinein. Die Suppe kochte und kochte, und die Leute aus dem Dorf waren sehr neugierig. „Es wäre ganz gut, wenn wir noch einige Möhren für die Suppe hätten…“. So ging eine Frau in ihren Garten und brachte ihm Möhren. Sauber und klein geschnitten kamen auch diese in die Suppe hinein. Nach und nach tat jeder Dorfbewohner etwas hinein, um die Suppe zu verfeinern. „Also, ein wenig Nudeln und ein S t ü c k Wu r s t w ü r d e n noch in der Suppe sehr gut schmecken ...“
Man brachte ihm ein Stück Wurst, er warf es mit den Nudeln in den Topf und sagte: „So, die Steinsuppe ist fertig! Habt ihr Teller und Löffel?“ Dann holten die Dorfbewohner das Geschirr. Jemand brachte noch ein großes Brot. Der Mann teilte die Suppe aus und alle – auch er – aβen davon. Es wurde ein Fest. Ja wirklich, ein richtiges Fest! Alle waren glücklich und wurden satt.
Als der Topf leer wurde, blieb der Stein auf dem Boden zurück. Die Leute aus dem Dorf wurden neugierig: „Sag mal, und was machst du mit dem Stein?“
Da antwortete der Mann: „Den Stein, den schenke ich euch. So könnt ihr wieder so eine gute Suppe gemeinsam kochen.“
Und so kam es zu einem großen Essen, wo es vorher wenig zu essen gab. Dann ging der Mann zufrieden seinen Weg weiter und die Dorfbewohner hatten das Teilen gelernt.
So endet diese Legende. Davon können auch wir etwas lernen. Der fremde Mann klopft an die Türen, weil er Hoffnung hat, etwas zu essen zu bekommen. Die Dorfbewohner aber haben Angst, selber nicht genug für sich zu haben und hungern zu müssen. Aber dann passiert etwas Beeindruckendes: Der Fremde sollte eigentlich Angst haben, weil er nichts hat. Aber er macht den Dorfbewohnern Hoffnung, mit der Einladung zur Steinsuppe.
Dann geschieht etwas Schönes: Um gemeinsam ein Ziel zu erreichen, kann jeder etwas beitragen, wenn es auch nur etwas Kleines ist. So wird allen geholfen. Jeder Einzelne hätte für sich keine Suppe kochen können. Weil sie aber das, was sie besaßen, miteinander teilten, hatten alle eine gute Suppe. Das ist Gemeinschaft, das ist christliche Gemeinde!
Die Bibel erzählt von der Speisung der Fünftausend (Markusevangelium 6,30-44). Da werden die Menschen von fünf Broten und zwei Fischen satt. In diesem Wunder Jesu spielt das Teilen die zentrale Rolle.
Bei der Steinsuppe war das Wunder nicht, dass am Schluss alle satt wurden, sondern dass sie miteinander gegessen haben, obwohl jeder nur wenig
Essen dabei hatte. Und jeder hatte seinen kleinen Teil dazu beigetragen. Beim Kochen der „Steinsuppe“ konnten alle erfahren, wie aus einer hoffnungslosen Lage ein Fest der Gemeinschaft entstehen kann. Wir können es immer wieder lernen, zu teilen.
Pfarrer
Jaime Jung